Scheidungsverfahren in Zeiten von Corona
Aufgrund der Corona-Pandemie sind nicht nur viele nicht die Grundversorgung sichernde Läden flächendeckend geschlossen, auch auf die Tätigkeit der Gerichte wirkt sich das Virus aus und viele Sitzungen finden nicht statt bzw. wurden auf einen fernliegenden Zeitpunkt verschoben.
In Scheidungsverfahren wird stets das persönliche Erscheinen der Ehegatten nach § 128 Abs. 1 S. 1 FamFG seitens des Gerichts angeordnet. Dies liegt darin begründet, den Sachverhalt näher aufzuklären und zudem dem Gericht die persönliche Sichtweise der Ehegatten beizubringen und dem Gericht die Möglichkeit zu geben, sich einen persönlichen Eindruck von den Ehegatten machen zu können.
Bei der Frage, ob ein Gericht das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnet, handelt es sich um eine sogenannte „Soll-Vorschrift“. Das heißt, dem Gericht steht hierbei ein Ermessensspielraum zu und die Anordnung des persönlichen Erscheinens kann aus besonderen Gründen unterbleiben. Solche Gründe sind regelmäßig anzunehmen, wenn die Anordnung des persönlichen Erscheinens überflüssig erscheint, weil sich die Eheleute der Bedeutung ihres Vorgehens bewusst sind, der Sachverhalt klar und unstreitig ist und eine Versöhnung aussichtslos erscheint. In diesen Fällen würde eine persönliche Anhörung auf einen Formalismus hinauslaufen, sodass sie auf Antrag unterbleiben kann.
Eine persönliche Anhörung kann daher gerade in Zeiten von Corona dann unterlassen werden, wenn die dreijährige Trennungsfrist verstrichen ist und nur der Versorgungsausgleich als Scheidungsfolgesache anhängig ist. In diesem Fall ist es zulässig, statt der persönlichen Anhörung eine schriftliche Anhörung durchzuführen. Auch bei kürzerer Trennungszeit kann eine persönliche Anhörung durch eine schriftliche Anhörung ersetzt werden, wenn beide Ehegatten einen Scheidungsantrag stellen, da sie in diesem Fall ebenfalls ausdrücken, dass sie an der Ehe beide nicht mehr festhalten wollen und zu eheerhaltenden Umständen nichts weiter vorgetragen werden wird.
Denkbar ist zudem, dass eine persönliche Anhörung ersetzt wird durch die Eidesstattliche Versicherung des den Scheidungsantrag stellenden Ehegatten, dass die Ehe gescheitert ist und eine Lebensgemeinschaft, die eine beiderseitige innere Bindung aneinander voraussetzt, nicht mehr besteht. In diesem Fall würde die einseitige innere Abwendung eines Ehegatten vom Partner zu der Diagnose führen, dass die Ehe gescheitert ist.
Bei einvernehmlichen Scheidungen mit unstreitigem Sachverhalt, bei denen lediglich der Versorgungsausgleich gesetzlich durchgeführt werden muss, besteht demnach die Möglichkeit, in Zeiten der Corona-Krise zu beantragen, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Ehegatten aufzuheben und im schriftlichen Verfahren – auch über die Folgesache Versorgungsausgleich – zu entscheiden.
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