Kündigung wg. Diebstahl von Desinfektionsmittel rechtmäßig

Der Diebstahl von einem Liter Desinfektionsmittel und Papierhandtüchern führt in einem vom Arbeitsgericht Mönchengladbach (Urteil vom 01.07.2020 – 6 Ca 632/20) und Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 14.01.2021 – 5 Sa 483/20) entschiedenen Fall zu einer berechtigten fristlosen Kündigung.

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2004 bei einem Paketzustellunternehmen als Be- und Entlader beschäftigt. Bei einer stichprobenartigen Kontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle im Wert von insgesamt etwa 40,00 €. Bereits in der Vergangenheit stellte die Arbeitgeberin immer wieder fest, dass Desinfektionsmittel entwendet worden war. Die Arbeitgeberin sprach die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg.

Argumentation des Arbeitnehmers (Kläger)

Der Arbeitnehmer erklärte im Prozess, er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.

Arbeitgeberin hatte Mitnahme von Desinfektionsmittel untersagt

Die Beklagte behauptete, der Kläger habe dem Werkschutz gesagt, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe jedoch mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Fristlose Kündigung rechtmäßig

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wies, wie bereits das Arbeitsgericht Mönchengladbach, die Kündigungsschutzklage ab, da ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorlag. Die Einlassungen des Klägers waren nicht glaubhaft. Die Kammer ging davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel angeeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahegelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen.

Vorherige Abmahnung nicht erforderlich

Trotz der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Daher musste ihm klar sein, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Die Kündigung erfolgte daher zu Recht und hat das Arbeitsverhältnis fristlos beendet.

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Björn Steveker

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Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kim Mirow

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Rechtsanwältin