Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung (Arbeitsgericht Bremen)

Das Arbeitsgericht Bremen (Urteil v. 28.01.2021, 3 Ca 3148/20; nrk) hat sich mit der Darlegungs- und Beweislast bei Ansprüchen auf Überstundenvergütung, Vergütung für „normale“ Arbeitszeit und Urlaubsabgeltung auseinandergesetzt:

Tatbestand:
Die Parteien streiten über diverse Zahlungsansprüche. Der Beklagte betreibt ein Taxiunternehmen. Der Kläger war bei dem Beklagten mindestens seit dem Jahr 2016 als Taxifahrer beschäftigt. Zwischen den Parteien war zumindest vereinbart, dass der Kläger jeweils freitags und samstags 8 Stunden arbeitet. Auch sonntags sollte der Kläger arbeiten. Zwischen den Parteien sind die weiteren Details der vereinbarten Arbeitszeit streitig.
Für den Monat März 2020 zahlte der Beklagte Arbeitsentgelt i.H.v. 646,43 € brutto. Im Jahr 2020 gewährte der Beklagte dem Kläger keinen Urlaub.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer Kündigung des Beklagten zum 30. September 2020.
Der Kläger behauptet, zwischen den Parteien sei vereinbart gewesen, dass der Kläger an Freitagen und Samstagen nicht nur jeweils 8, sondern jeweils 10 Stunden arbeiten sollte. An Sonntagen habe der Kläger jeweils sechs Stunden arbeiten sollen. Der Kläger behauptet weiter, er habe im Monat März 2020 jeweils sechs Stunden am 01.03.2020, 08.03.2020, 15.03.2020, 20.03.2020, 21.03.2020, 22.03.2020, 27.03.2020, 28.03.2020 und 29.03.2020 sowie jeweils 10 Stunden am 06.03.2020, 07.03.2020, 13.03.2020 und 14.03.2020 gearbeitet.
Der Kläger behauptet weiter, ihm sei im Jahr 2019 nur Urlaub im Umfang von 3 Tagen gewährt worden, der jedoch nicht vergütet worden sei.

Der Kläger beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 878,90 EUR brutto abzüglich 646,43 EUR brutto zu zahlen,
  2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 240,96 EUR brutto zu zahlen,
  3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.686,72 EUR brutto nebst Verzugszinsen von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2020 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Parteien hätten vereinbart, dass der Kläger freitags und samstags jeweils 8 Stunden arbeitet. Sonntags habe der Kläger 4 bis 6 Stunden arbeiten sollen, je nach Arbeitsanfall. So genau habe der Beklagte das nicht gesehen. Er behauptet pauschal, der Kläger habe im Monat März 2020 nur 54 Stunden Arbeitsleistung erbracht und verweist in diesem Zusammenhang auf nicht weiter erläuterte Unterlagen (vgl. Bl. 44ff. d.A.).
Der Beklagte bestreitet die Gewährung von Urlaub im Kalenderjahr 2019. Den wegen Urlaubsentgelt im Jahr 2019 geforderten Betrag i.H.v. 240,96 € akzeptiere der Beklagte zwar grundsätzlich. Allerdings müssten Forderungen des Beklagten gegengerechnet werden. Der Kläger habe Fahrzeugschäden durch Fahrfehler verursacht. Wenn man die Beträge verrechne ergäbe sich eine Restsumme in Höhe von 896,42 € zu Gunsten des Beklagten.
Der Kläger nimmt hierzu noch Stellung. Er ist der Auffassung, der Vortrag des Beklagten zu Arbeitszeiten des Klägers sei nicht einlassungsfähig und rügt u.a., der Verweis auf beigefügte Unterlagen ersetze keinen Sachvortrag. Im Hinblick auf die geltend gemachten 240,96 € beruft sich der Kläger hilfsweise darauf, dass der Beklagte bestreitet, überhaupt Urlaub gewährt zu haben und macht geltend, dass ihm in diesem Falle in der betreffenden Höhe Urlaubsabgeltungsansprüche zustünden.
Wegen des weiteren Vortrags wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Den Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung nebst Zinsen hat der Kläger erstmals mit Klageerweiterung vom 16.November 2020 geltend gemacht, die dem Beklagten am 19. November 2020 zugestellt worden ist.

Entscheidungsgründe:

A

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die aus dem Tenor ersichtlichen Zahlungen gegen den Beklagten.

I.

Der Kläger hat Anspruch auf weitere Vergütung in Höhe von 157,67 € brutto für insgesamt 86 Stunden Arbeit im Monat März 2020 gem. § 611a Abs. 2 BGB. Soweit der Kläger darüber hinaus Zahlungsansprüche für den Monat März 2020 geltend gemacht hat, war die Klage jedoch unschlüssig und daher abzuweisen
1.
Gemäß § 611a Abs. 2 BGB ist der Arbeitgeber zur Vergütung der geleisteten Arbeit verpflichtet. Im Hinblick auf die Regelarbeit genügt es, wenn der Arbeitnehmer darlegt, dass er seine Arbeitsleistung angeboten bzw. sich zur Arbeit vertragsgemäß bereitgehalten hat. In diesem Falle ist es Sache des Arbeitgebers aufzuzeigen, welche Weisungen er dem Arbeitnehmer erteilt hat und inwieweit dieser den Weisungen – nicht – nachgekommen ist. Verlangt der Arbeitnehmer hingegen die Vergütung von Überstunden, so hat er zunächst darzulegen, dass er die betreffenden Arbeitszeiten tatsächlich erbracht hat. Darüber hinaus bedarf der Anspruch auf Vergütung von Überstunden der Anordnung, Billigung oder Duldung der entsprechenden Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer, der den Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung erhebt, trägt die Darlegungs- und Beweislast hierfür (vergleiche ausführlich BAG, Urteil vom 10.4.2013 – 5 AZR 122 / 12, Rn. 15 ff., zitiert nach juris). Dabei sind Überstunden Arbeitszeiten, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen.
2.
Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze besteht ein Anspruch auf Zahlung nur für 86 Stunden Regelarbeitszeit im Monat März 2020.
a) Zwischen den Parteien war vereinbart, dass der Kläger jeweils an den Tagen freitags bis sonntags tätig wird. Hierbei war eine Arbeitszeit von jeweils 8 Stunden für die Arbeit an Freitagen und Samstagen und eine Arbeitszeit von 6 Stunden an Sonntagen vereinbart.
aa) Dass jedenfalls diese Arbeitszeiten erbracht werden sollten ist zwischen den Parteien unstreitig.
Soweit der Beklagte in der Kammerverhandlung ausgeführt hat, es sei für sonntags eine Arbeitszeit von 4 bis 6 Stunden vereinbart gewesen, so genau habe er das als Arbeitgeber nicht gesehen, ist diese Äußerung unbeachtlich. Dass die Parteien Arbeit auf Abruf vereinbaren wollten, lässt sich dieser Äußerung nicht ohne weiteres entnehmen und stünde auch im Widerspruch zu dem weiteren Vortrag der Parteien.

Die Vertragspraxis lässt jedenfalls erkennen, dass der Kläger sonntags jeweils 6 Stunden gearbeitet hat, woraus im Rückschluss zu entnehmen ist, dass dies auch die vereinbarte Arbeitszeit für sonntags darstellen sollte. Der Kläger hat für alle Sonntage im März 2020 jeweils eine Arbeitszeit von 6 Stunden vorgetragen. Der Beklagte ist dem nicht wirksam entgegengetreten, sodass der Klägervortrag gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu unterstellen war. Der Beklagte hat trotz der entsprechenden Auflage aus der Güteverhandlung nur pauschal behauptet, der Kläger habe im gesamten Monat März nur 54 Stunden Arbeitszeit erbracht, ohne diese Behauptung näher zu konkretisieren. Ein Rückschluss, von welchen Arbeitszeiten der Beklagte jeweils an Sonntagen ausging, ist nicht möglich. Der Verweis auf die Anlagen war unzulässig und konnte substantiierten Sachvortrag nicht ersetzen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts sich aus den beigefügten Unterlagen den Sachverhalt selbst herauszusuchen.
bb) Soweit der Kläger behauptet, es sei abweichend hiervon für freitags und samstags eine Arbeitszeit von 10 Stunden vereinbart gewesen, genügt sein Vortrag jedoch nicht, um eine abweichende Vereinbarung hinreichend darzulegen. Wann der Kläger mit dem Beklagten aufgrund welcher konkreten Tatsachen diese Vereinbarung getroffen haben will, schildert er nicht.
b) Es ergeben sich 86 in der Regelarbeitszeit erbrachte Stunden. Weitere vergütungspflichtige Arbeitszeiten hat der Kläger nicht in hinreichender Weise dargelegt.
aa) Der Kläger hat an 4 Tagen zu jeweils 8 Stunden und an 9 Tage zu je 6 Stunden (Regel-)Arbeit während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten erbracht.
Der Kläger hat am 01.03.2020, 06.03.2020, 07.03.2020, 08.03.2020, 13.03.2020, 14.03.2020, 15.03.2020, 22.03.2020, und 29.03.2020 jeweils die Arbeitszeit erbracht, die nach Maßgabe der Ausführungen unter A I 2. a) der Gründe vertraglich vereinbart war. Am 20.03.2020, 21.03.2020, 27.03.2020 und 28.01.2020 hat der Kläger zwar nicht die volle Arbeitszeit von 8 Stunden erbracht, aber jeweils 6 Stunden gearbeitet. Der Beklagte ist den vom Kläger geschilderten tatsächlichen Arbeitszeiten nicht in hinreichender Weise entgegengetreten, so dass der Vortrag des Klägers als zugestanden zu unterstellen war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter A I. 2. a) aa) der Gründe verwiesen.
bb) Soweit der Kläger am 06.03.2020, 07.03.2020, 13.03.2020 und 14.03.2020 jeweils 2 Stunden über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat, handelt es sich um Überstunden, für die ein Zahlungsanspruch nicht in hinreichender Weise dargelegt ist. Zwar ist die Leistung der Arbeitsstunden in hinreichender Art und Weise dargelegt. Der Kläger unterlässt aber jeglichen Vortrag zu der Frage, wann der Beklagte auf welche Art und Weise zu erkennen gegeben hat, mit der Leistung welcher Stunden einverstanden gewesen zu sein, sei es in Form einer ausdrücklichen oder konkludenten Anordnung oder aber jedenfalls in Form der Billigung oder Duldung.
cc) Soweit der Kläger am 20.03.2020, 21.03.2020, 27.03.2020 und 28.03.2020 hinter seiner vertraglichen Arbeitszeit zurückgeblieben ist, fehlt es an der für die Vergütung nötigen Arbeitsleistung. Gründe für eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers ohne Arbeitsleistung sind vom Kläger nicht dargelegt worden. Namentlich hat er einen Annahmeverzugslohnanspruch nicht dargelegt. Dass der Kläger dem Beklagten an den besagten Tagen seine Arbeitskraft über das tatsächlich geleistete Maß hinaus angeboten hätte, behauptet er nicht.

3.
Der Anspruch des Klägers beläuft sich auf 157,67 €.
Dem Kläger steht für 86 Stunden der Arbeit unter Berücksichtigung des Mindestlohns vom 9,35 € brutto pro Stunde grundsätzlich ein Anspruch auf Entgeltzahlung in Höhe von 804,10 € zu.
Der Arbeitgeber hat hierauf unstreitig 646,43 € brutto gezahlt und insoweit den Anspruch gem. § 362 BGB zum Erlöschen durch Erfüllung gebracht.
Der ausgeurteilte Zahlungsbetrag ergibt sich als Differenz der geschuldeten und der geleisteten Zahlung.

II.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Urlaubsentgelt für 3 Tage noch nicht vergüteten Urlaubs gem. §§ 1, 11 BUrlG i.H.v. 205,71 €. Soweit der Kläger der Höhe nach einen diesen Betrag übersteigenden Anspruch geltend macht, war die Klage jedoch unschlüssig und daher abzuweisen.
1.
Der Klage war in der beantragten Höhe nicht wegen eines Anerkenntnisses des Beklagtenstattzugeben.
Zwar hat der Beklagte erklärt, er akzeptiere den Betrag i.H.v. 240,96 €. Jedoch stellen seine Ausführungen kein prozessuales Anerkenntnis dar.
Ein Anerkenntnis gem. § 307 ZPO setzt voraus, dass der Beklagte – ausdrücklich oder konkludent – erklärt, er halte den klageweise geltend gemachten Anspruch für begründet und wolle deshalb den Rechtsstreit nicht fortsetzen. Das Anerkenntnis muss eindeutig und vorbehaltlos erklärt werden (vgl. bereits BGH, Urt. v. 19.06.1985 – IVb ZR 38/84 – Rn 26, zit. n. juris). Daran fehlt es jedoch, da der Beklagte wegen des Anspruchs eine Gegenrechnung mit angeblichen Fahrzeugschäden hiergegen einwendet.
2.
Gem. § 1 BUrlG haben Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütung während der Zeit des Urlaubs. Dem Kläger steht noch für 3 Tage im Jahr 2019 gewährter Freistellung zur Inanspruchnahme von Erholungsurlaub Vergütung zu.
a) Angesichts einer Verteilung der Arbeitszeit auf 3 Tage in der Woche hatte der Kläger Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub gem. §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG i.H.v. 12 Tagen.
b) Der Kläger hat hiervon 3 Tage Urlaub in Anspruch genommen.
Der Beklagte hat zwar bestritten, dem Kläger überhaupt jemals in der Vergangenheit Urlaub gewährt zu haben. Zugleich hat er aber mehrfach – auch schriftsätzlich – erklärt, er akzeptiere den Anspruch auf Zahlung von Urlaubsentgelt. Insoweit war jedenfalls zu unterstellen, der Kläger sei an 3 Tagen vom Beklagten zur Arbeitsleistung herangezogen worden, hätte der Kläger nicht Urlaub in Anspruch genommen (vgl. LAG Köln, Urt. v. 07.08.2020 – 4 Sa 653/19 – Rn 59, zit. n. juris).

3.
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch auf den ausgeurteilten Betrag.
a) Für die Berechnung gilt § 11 Abs. 1 BUrlG. Insoweit ist das durchschnittliche Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Ende des Arbeitsverhältnisses erhalten hat, für die Berechnung der Urlaubsabgeltung zugrunde zu legen. Zur Umrechnung in den der Abgeltung zu Grunde liegenden Tagesverdienst ist ein Divisor nach der individuellen Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers innerhalb der 13 Wocheninnerhalb der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses anzusetzen.
b) Die Kammer hat bei ihrer Berechnung ein monatliches Arbeitsentgelt von durchschnittlich 891,37 € brutto auf Basis der geschuldeten Arbeitszeit unter Berücksichtigung des Mindestlohns angenommen und ist dabei davon ausgegangen, dass der Kläger im Jahr 2019 jedenfalls die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat. Dies hat die Kammer unterstellt, nachdem der Beklagte sowohl in der Güteverhandlung, wie auch schriftsätzlich eingeräumt hat, ein Anspruch auf Urlaubsvergütung bestehe.
c) Auf dieser Grundlage ergibt sich ein Tagessatz von 891,37 € brutto /Monat x 3 Monate / 39 Tage = 68,57 € brutto und somit ein Gesamtbetrag von 3 x 68,57 € brutto = 205,71 € brutto.
4.
Wollte man annehmen, ein Anspruch auf Urlaubsentgelt scheitere, weil der Kläger auf das Bestreiten der Urlaubsgewährung durch den Beklagten die Inanspruchnahme von Urlaub im Umfang von 3 Tagen nicht dargelegt hat, so bestünde im Ergebnis wegen dieser drei Tage ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung in selber Höhe. Der Kläger hat sich insoweit hilfsweise auf den Beklagtenvortrag, es sei überhaupt kein Urlaub gewährt worden, berufen.
5.
Soweit der Beklagte die Aufrechnung mit Gegenansprüchen wegen der Beschädigung eines Autos erklärt, bleibt dies ohne Erfolg. Der Beklagte hat nicht einmal im Ansatz dargelegt, warum ihm eine Gegenforderung gegen den Kläger zustehen solle. Darüber hinaus ist eine Aufrechnung mit Nettozahlungsansprüchen gegenüber einer Bruttoforderung nicht statthaft (BAG, Urt. v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/ 17 – Rn 44, zit. n. juris).

III.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung i.H.v. 1.439,97 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2020.
1.
Gem. § 7 Abs. 7 BUrlG ist Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden konnte, abzugelten. Für die Berechnung der Höhe der Urlaubsabgeltung gelten die Grundsätze aus § 11 Abs. 1 BUrlG.

2.
Das Arbeitsverhältnis ist unstreitig aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung zum 30.09.2020 beendet worden.
3.
Zu diesem Zeitpunkt standen dem Kläger noch 21 Tage nicht gewährten Resturlaubs zu.
a) Angesichts einer Verteilung der Arbeitszeit auf 3 Tage in der Woche hatte der Kläger Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub gem. §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG i.H.v. 12 Tagen.
b) Für das Jahr 2019 standen dem Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch 9 Tage Resturlaub zu. Er hat insoweit eingeräumt, dass er 3 Tage Resturlaubs in Anspruch genommen habe.
Darüber hinaus ist der Urlaub jedoch nicht gewährt worden. Der Beklagte hat nicht nur nicht dargelegt, dem Kläger Urlaub im Jahr 2019 gewährt zu haben. Er hat erklärt, der Kläger habe niemals Urlaub haben wollen und auch keinen erhalten.
Der Urlaub ist auch nicht gem. § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Nach dieser Vorschrift verfällt Urlaub am Ende eines Kalenderjahres, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Übertragung auf das nächste Kalenderjahr rechtfertigen. Auch in diesem Fall verfällt gesetzlicher Mindesturlaub mit Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres. Jedoch ist diese Vorschrift im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung nur eingeschränkt anzuwenden. Nach der neueren, zutreffenden Rechtsprechung des BAG kommt der Urlaubsverfall nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubsnahme maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. etwa BAG, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15 –, insb. Rn. 30, juris).
Der Beklagte hat trotz entsprechender Auflage aus dem Beschluss vom 23. November 2020 (Bl. 135f. d.A.) keinerlei Vortrag erbracht, aus dem sich ergäbe, dass er seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen sei.
c) Für das Jahr 2020 besteht der volle Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 12 Tagen. Da das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. Juni 2020 geendet hat, kommt insbesondere keine Gewährung bloßen Teilurlaubs in Betracht, § 5 BUrlG.
Auch insoweit hat der Beklagte trotz der Auflage vom 23. November 2020 keinerlei Vortrag erbracht, aus dem eine Urlaubsgewährung abgeleitet werden könnte.
d) Die Inanspruchnahme unbezahlten Urlaubs ab April 2020 war unbeachtlich. Sie stellt keine Gewährung von bezahltem Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG dar.
4.
Für die Berechnung der Urlaubsabgeltung war der unter A II. 3. der Gründe erläuterte Betrag von 68,57 € brutto zu Grunde zu legen, da auch insoweit die Berechnungsgrundlagen aus § 11 Abs. 1 BUrlG anzuwenden waren. Insoweit ergibt sich der aus dem Tenor ersichtliche Zahlbetrag der Höhe nach.

5.
Soweit der Kläger einen Betrag geltend gemacht hat, der 1.439,97 € überschreitet war die Klage jedoch unschlüssig und daher abzuweisen.

6.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen ab dem 20. November 2020. Soweit der Kläger bereits ab dem 01. September 2020 Zinsen geltend macht, war der Antrag jedoch als unbegründet abzuweisen.
a) Dem Kläger stehen insoweit Prozesszinsen gem. §§ 291 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.
Die Klageerweiterung vom 16. November 2020, mit er der Kläger erstmals die Urlaubsabgeltung geltend gemacht hat, ist dem Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde am 19. November 2020 zugestellt worden.
b) Ein Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 286 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Ziffer 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Kläger nicht zu.
Er hat eine Mahnung des Beklagten wegen des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht dargelegt. Für die Leistung der Urlaubsabgeltung ist auch keine Zeit nach dem Kalender bestimmt. § 7 Abs. 4 BUrlG bestimmt nur das Entstehen des Abgeltungsanspruchs, nicht jedoch den Fälligkeitszeitpunkt (BAG, Urt. v. 07.08.2012 – 9 AZR 935/10 – Rn 45, zit. n. juris). Eine gesetzliche Vorschrift, die die Leistungszeit bestimmt, wie § 614 BGB für den Anspruch auf Arbeitsentgeltzahlung, existiert nicht.

B

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Wert des Streitgegenstands war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen, seine Höhe folgt aus § 42 GKG und 3 ff ZPO und entspricht dem Nennwert der geltend gemachten Zahlungsforderungen. Die Klageerweiterung vom 27. November 2020 hatte dabei bereits aus rechtlichen Gründen, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG, außer Ansatz zu bleiben, weil eine Entscheidung darüber nicht ergangen ist. Im Übrigen lag aber auch wirtschaftliche Identität zum Antrag zu 2. vor. Die Primäraufrechnung des Beklagten war ebenfalls nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Gemäß § 62 Abs. 1 ArbGG ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

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Kim Mirow

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