Kündigung: Wie hoch ist die Abfindung?
Eine in der arbeitsrechtlichen Beratung oft gestellte Frage lautet: „Wie hoch ist denn die Abfindung?“ Sowohl Arbeitgeber, die eine Kündigung aussprechen möchten, als auch Arbeitnehmer, die gekündigt wurden, möchte wissen, wie teuer es für den kündigenden Arbeitgeber werden wird. Die Antwort ist in der Regel einfach, denn in der Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse gibt es für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses überhaupt keinen Abfindungsanspruch.
Warum erhalten trotzdem viele Arbeitnehmer nach einer Kündigung eine Abfindung und wieso enden weit mehr als 50 % der Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht mit einem Abfindungsvergleich? Das liegt (selten) an gesetzlichen oder vertraglichen Regelung und (häufig) an den Interessen und Risikoabwägungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer; im Einzelnen:
Gesetzlicher Abfindungsanspruch
Im Internet lesen Sie oft, dass es keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt. Das stimmt nicht. Richtig ist vielmehr, dass gesetzliche Abfindungsansprüche nicht bereits ohne Weiteres mit dem Ausspruche einer Kündigung, sondern nur dann entstehen, wenn weitere Voraussetzungen hinzutreten.
Betriebsbedingte Kündigung mit Abfindungsangebot
Gemäß § 1a KSchG hat ein Arbeitnehmer beispielsweise einen Anspruch auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt, der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt und der Arbeitgeber in das Kündigungsschreiben den Hinweis aufgenommen hat, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. In diesem Fall steht dem Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr zu; war er also sechs Jahre lang beschäftigt, erhält er am Ende einen Betrag, der drei Gehältern entspricht, als Abfindung.
Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Ein weiterer Fall, in dem der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, ergibt sich aus § 9 KSchG. Danach können die Richter des Arbeitsgerichts feststellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde, dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht zuzumuten ist. In diesem Fall wird der Arbeitgeber auf Antrag durch das Gericht zur Zahlung einer Abfindung verurteilt. Voraussetzung für den Abfindungsanspruch ist in diesem Fall die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Eine solche Unzumutbarkeit kann z.B. vorliegen, wenn als Kündigungsgründe unzutreffende beleidigende Behauptungen über den Arbeitnehmer aufgestellt worden sind oder das Vertrauensverhältnis im Verlauf des Kündigungsrechtsstreits ohne Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet wurde. Darüber hinaus kommen auch Umstände in Betracht, die vermuten lassen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Falle einer Rückkehr in den Betrieb gegenüber den übrigen Mitarbeitern benachteiligen oder sonst wie unkorrekt behandeln wird.
Tarifvertrag und Arbeitsvertrag
Ein Abfindungsanspruch kann sich auch aus dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag oder dem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrag ergeben. Es gibt einige Tarifverträge, die für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers vorsehen. Beispielhaft sei auf die Sicherungsordnung oder präziser die „Arbeitsrechtsregelung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fall der Einschränkung oder Auflösung von Einrichtungen oder von Rationalisierungs- und Strukturmaßnahmen“ (SichO.EKD) verwiesen. Hierbei handelt es sich um ein Tarifwerk, das für bestimmte Mitarbeiter der evangelischen Kirche in Deutschland gilt. Hier ist ausdrücklich geregelt, dass Arbeitnehmer, die auf Veranlassung des Dienstgebers im gegenseitigen Einvernehmen (Auflösungsvertrag) oder aufgrund einer Kündigung durch den Dienstgeber aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Abfindung haben. Aus der Sicherungsordnung selbst ergibt sich dann auch die Höhe der Abfindung.
Sozialplan
Aus einem Sozialplan kann sich ebenfalls ein Anspruch auf eine Abfindung ergeben. Ein Sozialplan ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen.
Abfindungsvergleich
Alle vorstehend geschilderten Fälle sind die Ausnahme. Der praktisch relevanteste Fall, in dem eine Abfindung gezahlt wird, ist der außergerichtlich oder im Rahmen eines Kündigungsrechtstreits frei ausgehandelte Abfindungsvergleich (bzw. Aufhebungsvertrag). Ein solcher Abfindungsvergleich wird sehr oft (mehr oder weniger) freiwillig abgeschlossen, weil der Arbeitnehmer häufig nach dem Ausspruch einer Kündigung gar nicht mehr zurück in den Betrieb möchte und der Arbeitgeber das sogenannte Annahmeverzugslohnrisiko scheut.
Um das Annahmeverzugslohnrisiko gering zu halten und eine Rückkehr des Arbeitnehmers in den Betrieb zu verhindern, wird ein Arbeitgeber jedenfalls dann, wenn seine Erfolgsaussichten vor Gericht gering sind, regelmäßig dazu bereit sein, den Arbeitnehmer mit einer Abfindung dazu zu bewegen, sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden zu erklären.
Anm.: Weitere Informationen zum Ablauf eines Kündigungsschutzprozesses finden Sie hier.
Sie möchten wissen, ob Sie als Arbeitgeber eine Abfindung zahlen müssen oder wie Ihre Chancen als Arbeitnehmer auf eine Abfindung sind? Dann sprechen Sie uns gerne an. Wir überprüfen für Sie die Sach- und Rechtslage, erläutern Ihnen die Handlungsmöglichkeiten und vertreten Sie wenn nötig vor Gericht.