Arbeitsrecht: Darf der Arbeitgeber die Vergütung kürzen?
Stellen Sie sich vor, Sie verdienten ab dem kommenden Monat 650,00 € brutto weniger bei unveränderter Arbeitszeit und Tätigkeit. „Das kann ja wohl nicht richtig sein“, werden Sie sagen. In den meisten Fällen haben Sie Recht, aber es gibt Tätigkeitsbereiche, in denen das zulässig ist.
Öffentlicher Dienst
Die Höhe der Vergütung kann der Arbeitgeber in der Regel nicht einseitig ändern. Ausnahmen gibt es z.B. im Öffentlichen Dienst. Im Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst für Sozial- und Erziehungsdienste (TvöD-SuE) ist z.B. vereinbart, dass Leiterinnen von Kindertagesstätten nur dann eine erhöhte Vergütung erhalten, wenn die KiTa im Durchschnitt von mindestens 40 Kindern besucht wird. Sinkt die Durchschnittsbelegung, sinkt automatisch auch die Vergütung der Leiterin; das kann schnell ein Differenzbetrag von 500,00 € brutto im Monat und mehr sein.
Tarifautomatik zulässig?
Dass eine automatische Reduzierung grundsätzlich zulässig ist, hat das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit bereits wiederholt entschieden. Allerdings darf im Falle der KiTa-Leiterinnen der Arbeitgeber nicht für den Rückgang der Belegungszahlen verantwortlich sein. Das Arbeitsgericht Nienburg hat im Juni 2015 die Vergütungsreduzierung einer KiTa-Leiterin für unzulässig erklärt. In dem Fall, bei dem die Arbeitnehmerin von der Rechtsanwaltskanzlei Witte & Steveker vertreten wurde, hatte die Samtgemeinde als Arbeitgeberin verlängerte Betreuungszeiten abgeschafft mit der Folge, dass viele Kinder einen anderen Kindergarten besuchten und die Durchschnittsbelegung unter 40 Kinder sank. Die Samtgemeinde wollte nun die Vergütung der Leiterin kürzen. Zu Unrecht, wie das Arbeitsgericht nun entschied. Denn wegen der Abschaffung der verlängerten Betreuungszeiten war die Samtgemeinde dafür verantwortlich, dass sich die Durchschnittsbelegung reduziert hatte; in einer solchen Konstellation darf die Vergütung der Leiterin nicht reduziert werden.
Hinweis: Der Fall zeigt, dass auch im Öffentlichen Dienst eine Vergütungsreduzierung nicht immer zulässig ist. Lassen Sie sich deshalb in jedem Falle von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, wenn Ihr Arbeitgeber Ihre Vergütung kürzen will!