Sozialauswahl – keine Kündigung nach Belieben!

Am 11.06.2010 hat die Anwaltskanzlei Witte Steveker einer Kassiererin zu ihrem Recht verholfen und durch das Arbeitsgericht Nienburg (Az. 1 Ca 34/10) feststellen lassen, dass die durch den Arbeitgeber – einer der größten Drogerieunternehmer Deutschlands – ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

Auf die Sozialwidrigkeit einer Kündigung kommt es an, wenn der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen eine Kündigung ausspricht, der betroffene Arbeitnehmer länger als 6 Monate im Betrieb tätig ist und dieser Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Im Falle der Drogeriekette wurden mehrere Filialen zu einem Betrieb zusammengerechnet, so dass die Anzahl der Arbeitnehmer unproblematisch über 10 lag.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, wenn dies durch betriebliche Erfordernisse wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einstellung der Produktion, Umsatzrückgang oder Auftragsmangel bedingt ist.

Kann der Arbeitgeber ein solches betriebliches Erfordernis nachweisen, muss er außerdem eine sog. „Sozialauswahl“ treffen; dies bedeutet, dass bei vergleichbaren Arbeitsverhältnissen dasjenige zu beenden ist, welches am wenigsten sozial schutzbedürftig ist.

In dem vom Arbeitsgericht Nienburg entschiedenen Fall bedeutete dies, dass zunächst eine Vergleichsgruppe aus allen Arbeitnehmern, die in dem Betriebsbezirk als Verkäufer(in) tätig waren, gebildet werden musste. Sodann hätte der Arbeitgeber anhand bestimmter Kriterien bestimmen müssen, wer am wenigsten sozial schutzbedürftig ist. Als Kriterien kommen hierbei insb. das Alter des Arbeitnehmers, die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen, der Familienstand und die Dauer der Betriebszugehörigkeit in Betracht.

In dem entschiedenen Fall konnte dargelegt werden, dass die Kassiererin aufgrund ihres Familienstandes, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und ihres Alters sozial schutzbedürftiger war als andere Arbeitnehmer. Deshalb hat das Arbeitgericht Nienburg entschieden, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde.

Hinweis: Die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung muss innerhalb einer Frist von 3 Wochen durch eine Klage beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden; deshalb dürfen Sie nicht lange zögern und sollten so früh wie möglich einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen.

Als Arbeitgeber sollten Sie vor Ausspruch einer Kündigung prüfen lassen, ob Sie alle rechtlichen Voraussetzungen beachtet haben; ansonsten kann ein teures Kündigungsschutzverfahren die Folge sein.