Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 11/2012:

Arbeitsrecht

Verkehrsrecht

Baurecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

AGG: Altersdiskriminierung im Einstellungsverfahren

Bereits die Auswahl für die darauf fußenden Vorstellungsgespräche kann die Diskriminierung als solche belegen. Entscheidend für das Vorliegen eines Entschädigungsanspruchs ist daher, ob der Bewerber objektiv für die freie Stelle geeignet gewesen ist und daher zum Vorstellungsgespräch hätte eingeladen werden müssen.

 

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitgebers, der eine Stellenausschreibung auf Bewerber zwischen 25 und 35 Jahren beschränkt hatte. Anschließend wurden nur Bewerber zu Vorstellungsgesprächen eingeladen, die dieses Kriterium des Lebensalters erfüllten. Zu einer Einstellung kam es jedoch nicht, der ArbG ließ die Stelle unbesetzt. Nun begehrte ein Bewerber die Zahlung von Entschädigung nach dem AGG mit der Behauptung, er sei allein aufgrund seines Lebensalters nicht eingeladen worden.

 

Die Vorinstanzen haben die Entschädigung trotz Vorliegens einer diskriminierenden Ausschreibung versagt, weil es infolge der unbesetzt gebliebenen Stelle objektiv zu keiner Benachteiligung gekommen sei. Dieser Argumentation hat sich das BAG hingegen nicht angeschlossen. Die Richter entschieden, dass in einem Bewerbungsverfahren eine Diskriminierung auch in Betracht komme, wenn es letztlich überhaupt nicht zu einer Einstellungsentscheidung kommt. Es könne bereits ausreichend sein, dass ein Bewerber durch eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Das mag denklogisch zunächst befremdlich sein, liegt aber auf der Linie des BAG, welches in Einklang mit dem Gesetzeszweck Diskriminierungen möglichst unterbindet (BAG, 8 AZR 285/11).

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Vertragsrecht: Umfang und Lage der Arbeitszeit muss im Vertrag geregelt sein

Enthält ein Formulararbeitsvertrag eine Bestimmung, nach der sich Umfang und Lage der geschuldeten Arbeitszeit „wegen des schwankenden und nicht vorhersehbaren Umfangs der Arbeiten … nach dem jeweiligen Arbeitsanfall“ richten, benachteiligt diese den Arbeitnehmer unangemessen.

 

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG Düsseldorf) hin. Die Richter machten deutlich, dass beim Fehlen einer (wirksamen) Vereinbarung zur Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit die Vertragslücke jedenfalls bei fehlender Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sei. Für die Feststellung des mutmaßlichen Parteiwillens sei dabei die tatsächliche Vertragsdurchführung von erheblicher Bedeutung (LAG Düsseldorf, 8 Sa 1334/11).

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Kündigungsrecht: Keine ordentliche Kündigung bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Eine ordentliche Beendigungskündigung ist ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz ggf. auch zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

 

Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit setzt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen einen freien Arbeitsplatz voraus, für den der Arbeitnehmer die erforderlichen Qualifikationen hat. Als frei gelten nach der Entscheidung auch Arbeitsplätze, die vorübergehend mit Leih-Arbeitnehmern besetzt sind. Als frei gelten ebenfalls Dauerarbeitsplätze, die nach einer Entscheidung des Arbeitgebers mit Leih-Arbeitnehmern besetzt werden sollen (LAG Hessen, 19 Sa 1342/11).

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Arbeitnehmerüberlassung: Auch gemeinnützige Organisationen brauchen eine Erlaubnis

Seit der Neuregelung des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung zum 1. Dezember 2011 braucht auch ein gemeinnütziges Unternehmen eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.

 

Das hat das Arbeitsgericht (AG) Krefeld klargestellt. Im konkreten Fall ging es um eine gemeinnützige GmbH, die Arbeitnehmer für Tätigkeiten im Jobcenter im Rahmen einer Personalgestellungsvereinbarung an eine Kommune überlassen hatte. Die gGmbH erzielte keine Gewinne, sondern war darauf angewiesen, dass bestimmte Fördermaßnahmen für die Langzeitarbeitslosen und andere Zielgruppen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder andere Zuwendungsgeber finanziert wurden. Auch hier ist aber – so das AG – eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erforderlich. Fehlt diese, sind nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowohl die Arbeitsverträge mit den Leiharbeitnehmern als auch die Verträge zwischen Verleihern und Entleihern unwirksam (AG Krefeld, 1 Ca 2551/11).

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Verkehrsrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Rückkehr der alten Kennzeichen akzeptiert

Der Bundesrat hat den Plänen der Bundesregierung, die alten Kraftfahrzeugnummernschilder wieder zuzulassen, zugestimmt. Damit haben Städte und Gemeinden künftig deutlich mehr Auswahl bei ihren Zulassungskürzeln.

 

Den weitergehenden Plänen der Bundesregierung, auch völlig neue Nummernschilder zuzulassen und damit die Zulassungsstellen ihre Ortskürzel praktisch frei wählen zu lassen, erteilte der Bundesrat allerdings eine Absage. Diese Regelung führe zu einer unübersichtlichen Vielzahl neuer zusätzlicher Kennzeichen und sei daher abzulehnen. Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob sie die geänderte Verordnung in Kraft setzt (Erste Verordnung zur Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, Drucksache 371/12).

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Chaos im Kreisverkehr…

Die Autofahrer, die sich in einem Verkehrskreisel befinden, haben nicht automatisch Vorfahrt vor denjenigen, die in den Kreisverkehr einfahren, sondern nur, wenn an der Einmündung das Zeichen für „Kreisverkehr“ und für „Vorfahrt gewähren“ angebracht ist.

 

Hierauf wies das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Autofahrerin hin, die mit ihrem Pkw im Kreisverkehr am Karolinenplatz in München fuhr. In diesem Kreisel gibt es zwei Geradeausspuren und eine Rechtsabbiegerspur. An der Einmündung steht ein Schild „Vorfahrt gewähren“. Die Autofahrerin benutzte zunächst die mittlere Fahrbahn. Ein weiterer Autofahrer fuhr mit seinem VW in den Kreisel ein, wobei er die Rechtsabbiegerspur benutzte und auf dieser auch verblieb. Die Autofahrerin wechselte auf die Rechtsabbiegerspur und kollidierte dort mit dem VW. Dabei wurde die Stoßstange ihres Pkw beschädigt. Die Reparaturkosten in Höhe von 853 EUR, Ersatz für einen Tag Nutzungsausfall in Höhe von 43 EUR und 30 EUR Unkostenpauschale wollte sie von der Versicherung des VW-Fahrers ersetzt bekommen. Diese weigerte sich aber zu bezahlen. Das Verschulden liege allein aufseiten der Autofahrerin. Schließlich habe sie die Spur gewechselt. Das sei so nicht richtig, entgegnete diese. Sie habe im Kreisverkehr Vorfahrt gehabt.

 

Die zuständige Richterin gab ihrer Klage aber nur zum Teil recht. Entgegen verbreiteter Meinung sei es nicht so, dass die Autofahrer im Kreisverkehr automatisch Vorfahrt hätten. Nach der Regelung in der Straßenverkehrsordnung sei dies nur der Fall, sofern an der Einmündung zum Kreisverkehr die Zeichen 215 (Kreisverkehr) und Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angebracht seien, ansonsten gelte die übliche Regelung „rechts vor links“. Das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ alleine genüge grundsätzlich nicht. Allerdings habe der Einfahrende dadurch eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Im konkreten Fall kämen noch die unterschiedlichen Regelungen der Fahrspuren hinzu. Es gäbe zwei Geradeausspuren und eine Rechtsabbiegerspur. Bei einem Spurenwechsel habe man sich grundsätzlich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Dies gelte vorliegend auch für die Klägerin, gerade weil sie, wie bereits ausgeführt, keine absolute Vorfahrt hatte. Daher treffe sie ein Mitverschulden an diesem Unfall, der angesichts der Umstände mit einem Drittel anzusetzen sei. Sie könne daher nur 2/3 des Schadens ersetzt verlangen (AG München, 343 C 8194/12).

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Unfallschaden: Bagatellgrenze für Gutachten

Bei einem Schaden von 700 EUR aufwärts darf der Geschädigte ein Schadengutachten erstellen lassen.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Berlin Mitte entschieden. Im konkreten Fall lagen die Reparaturkosten bei knapp 800 EUR. Der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer hatte die Gutachtenkosten nicht erstattet. Das AG weist im Urteil noch einmal darauf hin, dass es dabei auch nicht auf das äußere Schadenbild ankomme. Bei dem dem Streitfall zugrunde liegenden Stoßstangenanstoß sei es immer möglich, dass es am Stoßfänger zu einem äußerlich nicht sichtbaren Schaden gekommen sei (AG Berlin Mitte, 114 C 3434/11).

 

Beachten Sie: Auch in diesem Verfahren hat der Versicherer das Argument bemüht, wenn ein solcher Schaden tatsächlich repariert werde, stünde doch am Ende die Reparaturrechnung, die die Schadenhöhe belege. Deshalb sei das Gutachten überflüssig. Doch auch damit ist er nicht durchgedrungen.

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Fahrerlaubnisentzug: Auch bei Gewalttaten außerhalb des Straßenverkehrs möglich

Die Fahrerlaubnis kann wegen der fehlenden charakterlichen Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr auch dann entzogen werden, wenn der Führerscheininhaber bislang verkehrsrechtlich nicht aufgefallen ist.

 

So entschied das Verwaltungsgericht (VerwG) Gelsenkirchen im Fall eines zwanzigjährigen Mannes, der seit seinem 15. Lebensjahr mehrfach und fortlaufend nach dem Jugendstrafrecht wegen (gefährlicher) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung verurteilt worden war. Die Fahrerlaubnisbehörde entzog ihm die Fahrerlaubnis, da aufgrund des von ihm ausgehenden hohen Aggressionspotenzials nicht zu erwarten sei, dass er sich im Straßenverkehr hinreichend angepasst und an den Regeln orientiert verhalte.

 

An der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung bestünden nach Auffassung des VerwG keine Bedenken. Etwaige mit der sofort wirksamen Fahrerlaubnisentziehung verbundene insbesondere wirtschaftliche und berufliche Schwierigkeiten habe der Mann hinzunehmen, weil gegenüber seinen Interessen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiege. Es seien keine Anhaltspunkte für die Richter ersichtlich, dass die Strafverfahren und Jugendstrafen sowie ein nach eigenen Angaben durchgeführtes Anti-Aggressionstraining irgendeine Verhaltensänderung bewirkt haben könnten. Nach den Feststellungen des Gerichts sei der Mann zurzeit zusammen mit Mitgliedern einer neonazistischen Gruppe angeklagt, weil er an Körperverletzungen auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt im November 2011, dem Überfall auf die Gaststätte „HirschQ“ im Dezember 2010 und an Körperverletzungsdelikten in Duisburg ebenfalls im Dezember 2010 beteiligt gewesen sein solle. Diese Strafverfahren könnten nach Auffassung der Richter berücksichtigt werden, obwohl sie noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien. In Verbindung mit den schon rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren werde aus den aktuellen Verfahren deutlich, dass das Aggressionspotenzial des Mannes mit anderen Mitgliedern seiner Gruppierung zusammen und häufig auch unter erheblichem Alkoholeinfluss weiterhin ungehemmt wirke. Von einer Besserung oder gar Aufarbeitung könne nicht die Rede sein. Obwohl der Mann bisher verkehrsrechtlich nicht aufgefallen sei, sei daher auch ohne Abklärung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten von seiner Nichteignung auszugehen. Bei diesem Sachverhalt stehe die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht im Ermessen der Behörde (VerwG Gelsenkirchen, 7 L 896/12).

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Baurecht

Nachunternehmer: Verweigerung des Werklohns durch den Hauptunternehmer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Nachunternehmer im Vertragsverhältnis zum Hauptunternehmer gestärkt.

 

Die Richter entschieden, dass der Hauptunternehmer nicht berechtigt sei, die Zahlung des dem Nachunternehmer zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis in einem Rechtsstreit zwischen ihm und seinem Auftraggeber geklärt ist, ob der Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch des Hauptunternehmers zu Recht mit einer von diesem bestrittenen Vertragsstrafe aufrechnet, die der Auftraggeber wegen einer Verzögerung der Nachunternehmerleistung geltend macht (BGH, VII ZR 72/10).

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Vergabeverfahren: Zuschlag mit veränderter Bauzeit ist neues Angebot

Erteilt der Auftraggeber in einem öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, liegt darin die Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Angebot.

 

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Enthalte dieses neue Angebot wegen der Verzögerung des Vergabeverfahrens eine neue Bauzeit und bringe der Auftraggeber eindeutig und klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag mit diesen Fristen zu dem angebotenen Preis bindend schließen wolle, könne das Angebot nicht dahin ausgelegt werden, der Zuschlag sei auf eine Leistung zur ausgeschriebenen Bauzeit erteilt worden. Die Richter verdeutlichten, dass der Bieter die Leistung in der neuen Bauzeit zu den vereinbarten Preisen erbringen müsse, wenn er das modifizierte Angebot annehme (BGH, VII ZR 193/10).

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Architektenliste: Eintragung erfordert Architekturstudium mit erfolgreicher Abschlussprüfung

Wer in die Architektenliste eingetragen werden möchte, muss nachweisen, dass er ein Hochschulstudium der Architektur ordnungsgemäß abgeschlossen hat.

 

So entschied das Verwaltungsgericht (VG) Regensburg. Das Gericht machte dabei deutlich, dass der Betreffende dabei aber nicht nachweisen müsse, dass er alle für den Abschluss des Architekturstudiums erforderlichen Prüfungsleistungen erbracht habe. Umgekehrt sei ein Eintrag in die Architektenliste aber nicht möglich, wenn der Betreffende zwar alle Prüfungen des Studiengangs abgelegt habe, aber in dem Studiengang Architektur gar nicht eingeschrieben war und so keine erfolgreiche Abschlussprüfung ablegen konnte (VG Regensburg, 16.2.2012, 5 K 236/11).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Störungen im Mietverhältnis: Kinderlärm

Immer wieder Ausgangspunkt mietrechtlicher Streitigkeiten ist der von (spielenden) Kindern ausgehende Geräuschpegel innerhalb oder außerhalb der Mietwohnung (z.B. durch benachbarten Kinderspielplatz).

 

Lärm aus der Wohnung

Nach ganz überwiegender Auffassung ist Kindergeschrei regelmäßig hinzunehmen, weil es Bestandteil der natürlichen, kindlichen Entwicklung ist und infolgedessen als sozialadäquat anzusehen ist. Es gehört zur vertragsgemäßen Nutzung einer Wohnung, dass Kinder entsprechend ihrem Spiel- und Bewegungstrieb dort spielen und auch lärmen. Dabei darf es dann auch zu Geräuschen wie Rufen und Weinen kommen. Grund hierfür ist, dass Geräusche, die dem natürlichen Spieltrieb der Kinder entspringen (z.B. Lachen, Laufen und Schreien), Ausfluss ihrer kindlichen Entwicklung und daher hinzunehmen sind.

 

Gleichwohl ist Kindergeschrei von Mitmietern und Vermieter nicht unbeschränkt hinzunehmen. Zwar sind z.B. Babyschreie während der Nachtruhe oder während der Ruhezeiten am Tag regelmäßig zu akzeptieren, weil dies einem natürlichen Verhalten entspringt. Die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs sind aber überschritten, wenn die Eltern sich trotz lang andauernden Geschreis nicht um das Baby kümmern, insbesondere nicht beruhigend auf das Baby einwirken. Demgegenüber dürfte im Fall eines sog. Schreikinds kein Recht zur Minderung bestehen, weil diese Kinder selbst bei sehr fürsorglichen Eltern häufig – krankheitsbedingt – nicht vom Schreien abgehalten werden können.

 

Lärm von draußen

Eine weitere Fallgruppe des Kinderlärms ist häufig die von benachbarten Spielplätzen, Kindergärten oder Schulen ausgehende Geräuschkulisse. Auch hier besteht im Ergebnis nach ganz überwiegender Rechtsprechung kein Recht zur Minderung. Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf verwiesen, dass eine kinderfreundliche Umgebung, die schon aus gesellschaftspolitischen Gründen gewollt und gewünscht ist, voraussetzt, dass die Kinder ihrem natürlichen Spiel- und Bewegungsdrang nachgehen können. Auf Spielplätzen, im Hof etc. dürfen Kinder auch während der Ruhezeiten spielen, soweit die damit einhergehenden Lärmbelästigungen aufgrund des natürlichen Spiel- und Bewegungsdrangs letztlich unvermeidbar sind.

 

Anspruch auf schallisolierende Maßnahmen

Unabhängig von einem Minderungsrecht fragt sich, ob die sich durch Kindergeschrei und Getrampel gestört fühlenden Mieter von der anderen Mietpartei verlangen können, einen Teppichboden zu verlegen bzw. den gerade von ihnen eingebrachten Holzdielenboden wieder gegen einen Teppichboden auszu tauschen. Das OLG Düsseldorf hat dies im Ergebnis verneint. Gerade in hellhörigen Häusern gehören Babygeschrei und Herumtrampeln von Kindern zum Miteinander in einem Mehrfamilienhaus dazu. Ein Anspruch auf Durchführung bestimmter Schallschutzmaßnahmen besteht nicht, zumal jeder Mieter aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Wahl der Bodenbeläge grundsätzlich frei ist (OLG Düsseldorf, 9 U 218/96).

 

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Kündigungsrecht: Berufliche Nutzungswünsche als Kündigungsgrund des Vermieters

Auch die Absicht des Vermieters, die Mietwohnung zu rein beruflichen Zwecken zu nutzen, kann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses darstellen.

 

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall von Mietern einer Wohnung in Berlin, denen der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt hatte. Der Vermieter begründete dies damit, dass seine Ehefrau ihre Anwaltskanzlei nach Berlin in die betroffene Wohnung verlegen wolle. Die Mieter widersprachen der Kündigung und machten Härtegründe geltend. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen.

 

Die Revision des Vermieters hatte Erfolg. Der BGH entschied, dass auch ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegen könne, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen wolle. Dieses Interesse sei aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken. Das gelte umso mehr, wenn sich – wie hier nach dem Vortrag des Vermieters revisionsrechtlich zu unterstellen ist – die selbst genutzte Wohnung des Vermieters und die vermietete Wohnung in demselben Haus befinden.

 

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob Härtegründe der Kündigung entgegenstehen (BGH, VIII ZR 330/11).

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Feuchtigkeitsschäden: Mieter hat keinen Anspruch auf Ergebnis einer Klimamessung

Dem Mieter steht weder ein Herausgabe- noch ein Auskunftsanspruch über die Ergebnisse einer vom Vermieter auf seine Kosten wegen Schimmelbefalls in der Mietwohnung durchgeführten Klimamessung zu.

 

Hierauf wies das Amtsgericht (AG) Bad Segeberg in einem Fall hin, in dem Mieter und Vermieter über die Ursachen einer Schimmelbildung in der Wohnung stritten. Der Vermieter ließ deshalb eine Klimamessung durchführen. Der Mieter klagte vergeblich auf Bekanntgabe ihres Ergebnisses. Das AG begründete seine Entscheidung mit der Art der Auskunft. In allen Fällen, in denen dem Mieter ein Auskunftsanspruch zugebilligt werde, könne die Information nur vom Vermieter selbst erteilt werden. So liege der Fall hier aber nicht. Dem Mieter stehe es frei, selbst eine Klimamessung oder ein selbstständiges Beweisverfahren durchzuführen, um die für die Wahrnehmung seiner Rechte erforderlichen Informationen zu erlangen (AG Bad Segeberg, 17 C 21/12).

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WEG: Fehlende Einladung macht Beschlüsse „nur“ anfechtbar

Unterbleibt die Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung, führt dies regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit.

 

Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar. Ein Beschluss im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) nur nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstoße, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden könne. Solche unabdingbaren Rechtsvorschriften ergäben sich entweder aus den zwingenden Bestimmungen und Grundsätzen des WEG oder aus den Normen des übrigen Privat- oder öffentlichen Rechts. Die Formvorschriften für die Einberufung einer Eigentümerversammlung würden dagegen nicht hierzu zählen. Diese seien nämlich dispositiv und könnten durch Vereinbarung abgeändert werden (BGH, V ZR 235/11).

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Verbraucherrecht

Haftungsrecht: Waldspaziergang erfolgt auf eigene Gefahr

Wer in einem Wald spazieren geht, handelt auf eigene Gefahr. Er kann den Eigentümer des Waldes nicht auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, wenn er durch einen herabstürzenden Ast verletzt wird.

 

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte eine Frau, die bei warmem Wetter und leichtem Wind auf einem Forstwirtschaftsweg durch ein Waldgrundstück ging. Dabei brach von einer circa 5 m neben dem Weg stehenden Eiche ein langer Ast ab und traf sie am Hinterkopf. Sie erlitt eine schwere Hirnschädigung.

 

Der BGH hat die Schadenersatzklage gegen den Eigentümer des Waldes und dessen zuständigen Forstwirt abgewiesen. Es bestehe keine Haftung der Beklagten. Nach den im Einklang mit dem Bundeswaldgesetz erlassenen landesrechtlichen Vorschriften (hier: Waldgesetz für das Saarland) ist das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Die Benutzung des Waldes geschehe jedoch auf eigene Gefahr. Dem Waldbesitzer, der das Betreten des Waldes dulden müsse, sollen dadurch keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten erwachsen. Er hafte deshalb nicht für waldtypische Gefahren, sondern nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch seien. Dazu zählen insbesondere die Gefahren, die nicht durch die Natur bedingt sind. Die Gefahr eines Astabbruchs sei dagegen grundsätzlich eine waldtypische Gefahr. Sie werde nicht deshalb, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie erkennen könne, zu einer im Wald atypischen Gefahr, für die der Waldbesitzer einzustehen hätte (BGH, VI ZR 311/11).

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Arztrecht: Arzt muss vor OP über seltenes, aber folgenschweres Risiko umfassend aufklären

Ein Arzt muss seinen Patienten vor einer Operation umfassend und sachgemäß über ein seltenes, den Patienten aber erheblich beeinträchtigendes Risiko des Eingriffs aufklären. Besteht etwa bei einer zahnärztlichen Versorgung mit Implantaten die seltene, aber gravierende Gefahr einer dauerhaft verbleibenden Nervschädigung, ist der Patient über Inhalt und Tragweite dieser möglichen Folge hinreichend zu informieren.

 

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) im Fall eines Patienten, der nach dem Einsetzen zweier Implantate unter einer dauerhaften Nervschädigung litt. Folge waren Sensibilitätsstörungen und Schmerzen insbesondere beim Kauen. Das Landgericht sprach ihm ein Schmerzensgeld von 7.000 EUR zu.

 

Die Berufung des Zahnarztes wies das OLG zurück. Die Richter bestätigten, dass der Arzt nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht habe, den Patienten über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben. An den konkreten Inhalt des Aufklärungsgesprächs habe er sich nicht mehr erinnern können. Und auch durch das schriftliche Formular sei keine hinreichende Aufklärung des Patienten erfolgt. Zwar stehe im schriftlichen Aufklärungsbogen, die Behandlung berge das Risiko der „Nervschädigung“. Daraus – so die Richter – erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass die Nervschädigung zu einem dauerhaft verbleibenden Schaden mit nicht mehr zu beseitigenden Sensibilitätsstörungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung des Patienten besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne. Wegen der unzureichenden Aufklärung habe der Patient – der bei ordnungsgemäßer Information eine andere Behandlung gewählt hätte – in den Eingriff nicht wirksam eingewilligt. Das führe zur Haftung des Arztes für die schädlichen Folgen der Behandlung (OLG Koblenz, 5 U 496/12).

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Haftpflichtversicherung: Schaden durch fernbedientes Garagentor

Entsteht ein Schaden dadurch, dass ein Garagentor per Fernbedienung geöffnet wird und gegen einen Gegenstand stößt, ist das auch dann nicht der Kfz-Haftpflichtversicherung zuzuordnen, wenn die Fernbedienung aus dem Auto heraus benutzt wird. Eintrittspflichtig ist in diesem Fall die Privathaftpflichtversicherung des Autofahrers.

 

So entschied das Landgericht (LG) Düsseldorf in einem entsprechenden Fall. Der Autofahrer wird froh sein, denn so wird sein Schadenfreiheitsrabatt nicht belastet. Allerdings ist diese Frage sehr umstritten und die Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Der Geschädigte kann zwar einfach den Schädiger in Person in Anspruch nehmen. Bei welcher Versicherung der den Schaden dann unterbringt, kann ihm gleichgültig sein. Ist aber beim Schädiger „nichts zu holen“, dauert es gegebenenfalls ewig, bis klar ist, wie er ans Geld kommt (LG Düsseldorf, 12 S 19/12).

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Nachbarrecht: Der Streit um Eiben und Thujen

Auch Pflanzen, die hinter einer Sichtschutzwand stehen, dürfen nicht unbegrenzt in die Höhe wachsen. Übersteigen sie die Wand in der Höhe nicht unerheblich und beeinträchtigen sie damit den Nachbarn, hat dieser einen Anspruch auf Rückschnitt, allerdings nur bis zur Höhe der Sichtschutzwand.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Streit zweier Nachbarn. Zwischen deren Grundstücken stand ein Sichtschutzzaun von zwei Metern Höhe. Einer der Nachbarn pflanzte dahinter Eiben und Thujen. Diese wuchsen heran und überragten eines Tages den Zaun um mehr als 20 cm. Auch Wurzeln von Pflanzen drangen in das andere Grundstück ein. Der Eigentümer dieses Grundstücks verlangte den Rückschnitt. Im rückwärtigen Bereich würden diese sein Grundstück massiv verschatten. Der Boden an der Grundstücksgrenze versauere aufgrund der herabfallenden Nadeln, sodass dort das Gras nicht mehr wachse. Zudem würden Gehwegplatten durch die Wurzeln angehoben. Weil man sich nicht einigen konnte, sah man sich vor Gericht wieder.

 

Der zuständige Richter verurteilte den einen Nachbarn dazu, die Eiben und Thujen auf die Höhe des bestehenden Sichtschutzzauns zurückzuschneiden und die eingedrungenen Wurzeln zu entfernen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückschnitt der Pflanzen. Zwar gelte der gesetzlich geregelte Mindestabstand zur Grundstücksgrenze von 50 cm bzw. von 2 m bei einer Pflanzenhöhe von über 2 m nicht, wenn sich die Pflanzen hinter einer Mauer oder dichten Einfriedung befänden. Dies gelte aber nur, wenn die Pflanzen die Sichtschutzwand nur unerheblich überragten. Vorliegend seien die 20 cm Überwuchs aber nicht mehr unerheblich. Der Sachverständige habe dargelegt, dass mit Beeinträchtigungen, insbesondere mit Nadelbefall, der den Boden schädigen könne, zu rechnen sei. Auch die Wurzeln seien zurückzuschneiden, da bereits Beeinträchtigungen wie zum Beispiel das Anheben von Platten festzustellen sei (AG München, 173 C 19258/09).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

 

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Dezember 2012 beträgt 0,12 Prozent.

 

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

 

  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 2,12 Prozent

 

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

 

  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat November 2012

Im Monat November 2012 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

 

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 12.11.2012.

 

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 12.11.2012.

 

  • Gewerbesteuerzahler: Barzahlung bis zum 15.11.2012.

 

  • Grundsteuerzahler: Barzahlung bis zum 15.11.2012.

 

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

 

Hinweis: Bei der Grundsteuer konnte die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15.8.2012* und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2.2012 und am 15.8.2012* zu zahlen sind. Auf Antrag (war bis zum 30.9.2011 zu stellen) konnte die Grundsteuer auch am 2.7.2012 in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

 

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.11.2012 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 19.11.2012 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

 

* In Bayern (bei Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung) und im Saarland jeweils einen Tag später.

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