Darf ein Arbeitgeber wegen kleiner Verfehlungen sofort kündigen?

Aus welchen Gründen darf der Arbeitgeber eigentlich eine Kündigung aussprechen? Immer häufiger hört man von Kündigungsschutzverfahren, die sich um vermeintliche Lappalien drehen. Am 26.02.2010 hatte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz z.B. über die Wirksamkeit einer Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz zu entscheiden.

Viele Arbeitnehmer sind verunsichert und fragen, ob bereits wegen kleinster Lappalien eine rechtmäßige Kündigung ausgesprochen werden kann. Wie ist das zum Beispiel beim Rauchen am Arbeitsplatz, bei privater Internetnutzung oder bei verspätetem Arbeitsantritt? Können solche „Lappalien“ gleich eine Kündigung rechtfertigen?

Dieser Artikel geht der Frage nach, ob der einzelne Arbeitnehmer schon bei kleineren Verfehlungen mit einer Kündigung rechnen muss, wann eine Kündigung rechtens ist und wie man sich im Ernstfall einer ausgesprochenen Kündigung verhalten sollte.

Pflichtverletzung

Grundvoraussetzung einer Kündigung ist ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Hierzu zählt als Hauptleistungspflicht insbesondere die Erbringung der Arbeitsleistung: Wer zu spät zur Arbeit kommt, erbringt insoweit seine Arbeitsleistung nicht und verletzt damit seine Hauptleistungspflicht.

Auch die private Internet- bzw. E-Mailnutzung, Rauchen oder Alkohol am Arbeitsplatz stellen vor allem dann Pflichtverletzungen dar, wenn im Arbeitsvertrag ein Verbot vorgesehen ist.

Schwere der Pflichtverletzung

Zudem kommt es für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung auf die Intensität des Verstoßes an. Einmalige geringfügige Verstöße können grds. keine Kündigung rechtfertigen.

So ist beispielsweise laut Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eine Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz in geringem Umfang selbst dann ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer zuvor eine entsprechende Mitarbeitererklärung unterschrieben hat (vgl. Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 26. Februar 2010, Az. 6 Sa 682/09).

Wenn sich aber die private Internetnutzung aber zum Beispiel über einen größeren Zeitraum erstreckt, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Abmahnung als milderes Mittel

Grundsätzlich setzt eine verhaltensbedingte Kündigung eine Abmahnung durch den Arbeitgeber voraus. Hierdurch soll dem Arbeitnehmer klar vor Augen geführt werden, was er falsch gemacht und wie er sich zukünftig zu verhalten hat; ferner muss für den Wiederholungsfall eine Kündigung angedroht werden.

Nur bei schweren Verstößen ist die Kündigung auch ohne Abmahnung zulässig. Als schwerer Verstoß gilt beispielsweise der Diebstahl am Arbeitsplatz oder der körperliche Angriff auf den Arbeitgeber, da das Vertrauensverhältnis in einem solchen Fall zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unwiederbringlich zerstört ist.

Checkliste

Die nachfolgende Checkliste kann sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern einen Überblick darüber verschaffen, ob eine verhaltensbedingte Kündigung berechtigt ist. Bereits das Fehlen einer Voraussetzung kann zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen.

  • Liegt überhaupt eine Pflichtverletzung vor? Was ist im Arbeitsvertrag geregelt?
  • Ergibt sich aus der Intensität der Pflichtverletzung eine negative Zukunftsprognose?
  • Wurde die Pflichtverletzung schuldhaft begangen? Gibt es Rechtfertigungsgründe?
  • Ist eine Abmahnung als milderes Mittel erforderlich? Ist sie erfolgt?
  • Überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitverhältnisses?
  • Bitte beachten Sie, dass diese Liste nur einen groben Überblick geben und eine einzelfallbezogene Rechtsberatung in keinem Fall ersetzen kann.

Was tun im Ernstfall?

Im Falle einer Kündigung dürfen Sie nicht lange zögern. Die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung muss innerhalb einer Frist von drei Wochen durch Klage beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden (§ 4 KSchG); das gilt nicht nur für verhaltensbedingte Kündigungen, sondern auch für alle anderen Kündigungen.

Tipp: Suchen Sie so früh wie möglich einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt auf; er wird die Sach- und Rechtslage für Sie prüfen, Ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber wahrnehmen und Sie – falls erforderlich – vor dem Arbeitsgericht vertreten.