AG Hamburg: Zur Beweislast in „Filesharing-Verfahren“

AG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2013 (31c C 117/13)

Das Gericht weist auf Folgendes hin:

Die Beklagte hat bestritten, den streitgegenständlichen Pornofilm selbst heruntergeladen zu haben.

Weiter hat sie die Aktivlegitirnation der Klägerin bestritten und Zweifel an der Aussagefähigigkeit der Hash-Werte einer Datei geäußert.Zu beiden Punkten wären ggf. die angebotenen Beweise zu erheben. Daher war auch Prozesskostenhiife zu bewilligen.

Nach dem BGH (Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 und Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12) besteht eine tatsäcnliche Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber auch der Täter der Urheberrechtsverietzung war. Aus dieser vom BGH aufgestellten tatsächliche!) Vermutung folgt eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers. Dieser muss darlegen, wer, wann nicht er selbst, zu den konkreten Zeiten Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt habe. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast verlangt das Landgericht Hamburg weiter, dass Personen, die auch Zugang gehabt hätten, vom Anschlussinhaber zu den streitgegenständlichen Verstößen befragt werden und das Ergebnis dieser Befragung im Verfahren mitgeteilt wird. Die Beklagte möge also konkret sagen, wie alt ihr Sohn im Mai 2010 gewesen sei und ob sie tatsächlich behaupten will, der Sohn habe konkret am XX.XX.2010 gegen 15:45 Uhr Zugriffsmöglichkeit auf ihren Internetanschluss gehabt. Dann möge die Beklagte ihren Sohn zu den streitgegenständlichen Verstößen befragen und das Ergebnis dieser Befragung im hiesigen Prozess mitteilen.

Zwar ist es so, dass die Beklagte nicht beweisen müsse, wer der Täter der streitgegen-ständlichen Urheberrechtsverletzungen war. Aus der vom BGH aufgestellten tatsächlichen Vermutung und der daraus folgenden sekundären Darlegungslast folgt aber wohl, dass zur Erschütterung der vorn BGH aufgestellten tatsächlichen Vermutung die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes feststehen muss; für diese ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes sieht das LG Hamburg die Beweislast bei einem Anschlussinhaber. Klägerseits ist bestritten, dass der Sohn auch Zugriff gehabt habe. Danach hätte vorliegend die Beklagte wohl die tatsächliche Vermutung der eigenen Täterschaft noch nicht hinreichend erschüttert.

Zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung müssten daher nunmehr entsprechende Beweisantritte der Beklagten kommen, dass auch ein Dritter – etwa ihr Sohn – tatsächlich Zugriffsmöglichkeit auf das Internet zu den konkreten streitgegenständlichen Zeiten gehabt habe. Bei entsprechendem Beweisantritt der Beklagten müsste wohl der Sohn als Zeuge vor dem Amtsgericht Hamburg gehört werden. Das Gericht würde dann wohl auch in einem Beweistermin das persönliche Erscheinen der Beklagten anordnen. Erst danach ließe sich ggf. ermitteln, ob die ernsthafte Möglichkeit eines von der eigenen Täterschaft abweichenden Geschehensablaufes tatsächlich feststeht oder nicht.

Im vom BGH Urteil vom 15.11.2012 entschiedenen Fall stand fest, dass der Sohn die Ver-stöße begangen habe. Dies ist vorliegend noch nicht der Fall. (…)

Erst bei Erschütterung des tatsächlichen Vermutung käme es auf auf bestrittene Frage einer Belehrung an. (…)