Polizei-Kontrollen: Was darf die Polizei und was müssen Sie als Bürger wissen?

Die Kontrolle durch die Polizei ist eine Situation, in die man als Bürger schnell geraten kann – ob am Bahnhof, in der Innenstadt oder bei Demonstrationen. Oft ist die Unsicherheit groß, welche Rechte und Pflichten man in einer solchen Situation hat. Wir klären die wichtigsten rechtlichen Aspekte: Wann darf die Polizei Personen kontrollieren? Welche Fragen muss man beantworten? Und was sind die Grenzen solcher Kontrollen?

Wann darf die Polizei Personen kontrollieren?

Grundsätzlich dürfen Polizistinnen und Polizisten nicht willkürlich Kontrollen durchführen. Es bedarf immer eines rechtlichen Grundes. Dabei wird unterschieden zwischen:

  1. a) Konkreter Verdacht (Anfangsverdacht):
    Die Polizei darf Personen kontrollieren, wenn ein Anfangsverdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde oder unmittelbar bevorsteht. Das bedeutet, dass die Beamten eine plausible Begründung haben müssen, warum sie gerade diese Person überprüfen.
  2. b) Präventive Kontrollen:
    Unter bestimmten Umständen erlaubt das Polizeirecht präventive Kontrollen. Diese dienen der Gefahrenabwehr, also dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Beispiele sind:
  • Drogenumschlagplätze: In bekannten Kriminalitätsschwerpunkten darf die Polizei Personen kontrollieren, um Straftaten zu verhindern.
  • Demonstrationen: Bei Veranstaltungen, bei denen Ausschreitungen erwartet werden, können präventive Maßnahmen wie Personenkontrollen durchgeführt werden.
  • Gefahrengebiete: In Ausnahmesituationen können ganze Stadtteile als Gefahrengebiet ausgewiesen werden, wie 2014 in Hamburg. In diesen Gebieten kann die Polizei verdachtsunabhängig kontrollieren.

Die genauen Regelungen für solche Maßnahmen sind in den Polizeigesetzen der Bundesländer festgelegt. In Bayern beispielsweise erlaubt das Polizeiaufgabengesetz Kontrollen auch an Orten, an denen Prostitution stattfindet.

Welche Fragen darf die Polizei stellen – und was muss man beantworten?

Pflichtangaben bei einer Kontrolle:
Bei einer Identitätskontrolle dürfen die Beamten bestimmte persönliche Daten erfragen, darunter:

  • Vor- und Nachname
  • Geburtsdatum und -ort
  • Wohnanschrift
  • Staatsangehörigkeit

Dafür kann die Polizei auch verlangen, dass man einen Ausweis vorzeigt. Wichtig: Es besteht in Deutschland keine generelle Pflicht, einen Ausweis bei sich zu tragen. Wer jedoch keinen Ausweis vorlegen kann, muss mit weiteren Maßnahmen zur Identitätsfeststellung rechnen, wie der Mitnahme zur Polizeiwache.

Freiwillige Angaben:
Andere Fragen, die über die reine Identitätsfeststellung hinausgehen, müssen Sie nicht beantworten. Dazu zählen:

  • „Wo kommen Sie her?“
  • „Wohin wollen Sie?“
  • „Was haben Sie hier gemacht?“

Es ist ratsam, in solchen Situationen höflich zu antworten, dass man keine weiteren Angaben machen wird. Jede überflüssige Information kann potenziell einen Verdacht begründen, der vorher nicht bestand. Daher gilt: Weniger ist mehr.

Nach welchen Kriterien wählt die Polizei Personen für Kontrollen aus?

Die Auswahl, wen die Polizei kontrolliert, darf nicht willkürlich erfolgen. Sie muss sich an rechtliche Vorgaben halten:

  • Keine Diskriminierung: Personen dürfen nicht aufgrund äußerlicher Merkmale wie Hautfarbe, Alter oder vermeintlicher ethnischer Zugehörigkeit gezielt kontrolliert werden. Dies wäre ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes.
  • Urteil zu „Racial Profiling“: Im Jahr 2012 entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, dass Kontrollen allein aufgrund der Hautfarbe rechtswidrig sind (AZ: 7 A 10532/12.OVG).
  • Grenz- und Bahnkontrollen: Die Bundespolizei führt verdachtsunabhängige Kontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen und in Grenzgebieten durch. Kritiker bemängeln, dass diese oft auf diskriminierenden Kriterien basieren, was rechtlich bedenklich ist.

Welche Rechte haben Bürger bei Polizeikontrollen?

Als Bürger haben Sie nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte, die Sie kennen sollten:

  • Recht auf höfliche Behandlung: Die Polizei muss Sie respektvoll und angemessen behandeln. Beleidigungen oder unverhältnismäßige Maßnahmen sind nicht erlaubt.
  • Recht auf Schweigen: Sie sind nicht verpflichtet, Fragen zu beantworten, die über Ihre Identität hinausgehen.
  • Recht auf Rechtsbeistand: Sollten Sie sich unsicher oder bedrängt fühlen, können Sie jederzeit rechtlichen Beistand hinzuziehen.
  • Recht auf Bescheinig Bremen: Wird bei Ihnen eine Identitätsfeststellung im Bundesland Bremen vorgenommen, ist Ihnen auf Verlangen durch die Polizei unverzüglich eine Bescheinigung über die Identitätsfeststellung und ihren Grund auszustellen.

Tipps für den Umgang mit Polizeikontrollen

  1. Ruhig bleiben: Auch wenn die Situation unangenehm ist, bleiben Sie höflich und sachlich.
  2. Nur das Nötigste sagen: Beantworten Sie nur die Fragen, die Sie rechtlich beantworten müssen.
  3. Keine Diskussionen: Diskutieren Sie nicht vor Ort über die Rechtmäßigkeit der Kontrolle. Bei Zweifeln können Sie im Nachhinein rechtlichen Rat einholen.
  4. Kontaktdaten notieren: Falls Sie sich unrechtmäßig behandelt fühlen, notieren Sie Namen und Dienstnummer der Beamten.

Fazit:
Die Polizei darf Personen nur unter bestimmten Voraussetzungen kontrollieren. Bürger sind dabei verpflichtet, ihre Identität nachzuweisen, haben aber das Recht, darüber hinausgehende Fragen nicht zu beantworten. Diskriminierende Kontrollen sind unzulässig und können rechtlich angefochten werden. Wenn Sie Fragen zu Polizeikontrollen oder anderen rechtlichen Angelegenheiten haben, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Unsere Kanzlei Witte & Steveker ist an den Standorten in Sulingen, Bremen, Osnabrück oder Online für Sie erreichbar. Vertrauen Sie auf unsere Expertise, um Ihre Rechte zu wahren.

Häufige Fragen(FAQ):

  1. Kann die Polizei mein Fahrzeug kontrollieren?
    Ja, die Polizei darf Fahrzeuge kontrollieren, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten oder bei einem konkreten Verdacht auf eine Straftat. Bei routinemäßigen Verkehrskontrollen müssen Sie Führerschein, Fahrzeugschein und ggf. eine Versicherungsbescheinigung vorlegen. Eine Durchsuchung des Fahrzeugs ist hingegen nur bei begründetem Verdacht erlaubt.
  2. Was passiert, wenn ich falsche Angaben zur Identität mache?
    Das absichtliche Angeben falscher Personalien kann strafrechtliche Konsequenzen haben. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat, die mit einer Geldstrafe oder, in schwereren Fällen, mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Bleiben Sie bei der Wahrheit, um rechtliche Probleme zu vermeiden.
  3. Darf ich eine Polizeikontrolle filmen?
    Ja, grundsätzlich dürfen Sie eine Polizeikontrolle filmen, solange Sie die Beamten nicht bei ihrer Arbeit behindern und das Video ausschließlich privat nutzen. Die Veröffentlichung solcher Aufnahmen, insbesondere ohne Zustimmung der gefilmten Personen, kann jedoch strafrechtlich relevant sein und gegen Datenschutzgesetze verstoßen.
  4. Muss ich eine polizeiliche Vorladung folgen?
    Eine Vorladung der Polizei ist zunächst keine Verpflichtung – außer Sie werden als Beschuldigter durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht vorgeladen. In anderen Fällen (z. B. als Zeuge) können Sie entscheiden, ob Sie der Vorladung nachkommen. Es kann jedoch sinnvoll sein, sich zuvor rechtlich beraten zu lassen.
  5. Was ist „Gefahr im Verzug“ und wann greift sie?
    „Gefahr im Verzug“ liegt vor, wenn die Polizei ohne richterliche Anordnung handeln muss, weil ansonsten der Erfolg einer Maßnahme gefährdet wäre. Beispiele sind das Durchsuchen eines Fahrzeuges bei Verdacht auf eine akute Gefahr oder die Beschlagnahmung von Beweismitteln. Die Maßnahme muss im Nachhinein von einem Richter geprüft werden.
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Christian Odebrecht

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