Bundesarbeitsgericht: Vergütungspflicht von Umkleide- und Duschzeiten

Am 23. April 2024 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Urteil zur Vergütung von Umkleide-, Wege- und Körperreinigungszeiten gefällt (Az. 5 AZR 212/23). Der Fall betraf einen Containermechaniker, der für die tägliche Umkleidezeit, die Wegezeit im Betrieb und die nach der Arbeit erforderliche Körperreinigung eine Vergütung von seinem Arbeitgeber einforderte. Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmer, die im Arbeitsalltag spezielle Arbeitskleidung tragen oder sich nach ihrer Tätigkeit reinigen müssen.

Der Sachverhalt

Der Kläger arbeitete seit 2008 als Containermechaniker in Bayern. Seine Tätigkeit führte regelmäßig zu starker Verschmutzung, insbesondere durch Schleif- und Lackierarbeiten. Der Arbeitgeber stellte die notwendige Arbeitskleidung, die nach der Arbeit im Betrieb zur Reinigung abgegeben werden musste. Strittig war, ob die Zeit für das Umkleiden der Arbeitskleidung sowie die Wegezeit innerhalb des Betriebs und die anschließende Körperreinigung als Arbeitszeit zu vergüten sind.

Was entschied das Gericht?

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass Umkleidezeiten als Arbeitszeit zu vergüten sind, wenn das Umkleiden im Betrieb erfolgt und im Interesse des Arbeitgebers liegt. Dies war hier der Fall, da die Arbeitskleidung im Betrieb vorgeschrieben und zur Verfügung gestellt wurde. Auch die Wegezeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz und zurück wurde als vergütungspflichtige Arbeitszeit anerkannt, da der Arbeitnehmer diese Strecke aufgrund der betrieblichen Anweisungen zurücklegen musste.

Besonders relevant war die Frage, ob die Zeit für die Körperreinigung nach der Arbeit ebenfalls als Arbeitszeit anzusehen ist. Das Gericht entschied, dass Körperreinigungszeiten dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen, wenn sie aufgrund der Art der Tätigkeit unvermeidlich sind. In diesem Fall war der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit so stark verschmutzt, dass ihm ein Verlassen des Betriebs ohne vorherige Körperreinigung nicht zugemutet werden konnte.

Welche rechtlichen Grundlagen lagen dem Urteil zugrunde?

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 611a Abs. 2 BGB, wonach auch Vor- und Nachbereitungszeiten zur Arbeitszeit gehören, wenn sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erbracht werden. Dies betrifft nicht nur das eigentliche Umkleiden, sondern auch die Körperreinigung, wenn diese aus Arbeitsschutzgründen oder wegen starker Verschmutzung erforderlich ist. Zudem bezog sich das Gericht auf § 287 ZPO, um die erforderliche Dauer dieser Tätigkeiten zu schätzen.

Bedeutung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten besondere Anforderungen an die Arbeitskleidung oder Körperhygiene stellen. Arbeitgeber müssen in Zukunft genauer prüfen, ob sie für Umkleide- und Duschzeiten eine Vergütung schulden. Dabei ist vor allem entscheidend, ob die betreffende Tätigkeit eine Reinigung vor dem Verlassen des Betriebs erfordert. Dies gilt insbesondere für Berufe, bei denen durch die Arbeit gesundheitsgefährdende oder stark verschmutzende Stoffe zum Einsatz kommen.

Fazit

Das Urteil des BAG bringt wichtige Klarstellungen zur Vergütungspflicht von Umkleide- und Körperreinigungszeiten. Arbeitnehmer, die regelmäßig spezielle Arbeitskleidung tragen müssen oder deren Arbeit mit starker Verschmutzung verbunden ist, haben Anspruch auf Vergütung dieser Zeiten, wenn sie im Interesse des Arbeitgebers liegen. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie ihre betrieblichen Regelungen entsprechend anpassen sollten, um zukünftigen Streitigkeiten vorzubeugen.

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  1. Was versteht man unter vergütungspflichtiger Umkleidezeit? Umkleidezeit ist dann vergütungspflichtig, wenn der Arbeitgeber das Tragen von spezieller Arbeitskleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgt.
  2. Wann gehören Dusch- oder Körperreinigungszeiten zur Arbeitszeit? Duschzeiten gelten als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Arbeitsbedingungen so stark verschmutzt ist, dass ihm ein Verlassen des Betriebs ohne Reinigung nicht zugemutet werden kann.
  3. Sind auch Wegezeiten im Betrieb Arbeitszeit? Ja, Wegezeiten vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz und zurück sind vergütungspflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit der Arbeitskleidung und der betrieblichen Organisation stehen.

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Björn Steveker

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Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kim Mirow

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Rechtsanwältin