14d O 1/24

Landgericht Düsseldorf
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil

In der Zivilsache

der S GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Witte, Steveker

gegen

die E GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer (…) Monheim,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte (…),
hat die 14 d. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 27.06.2024
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht S , den Richter am Landgericht
Dr. F und die Richterin F
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.205,01 EUR nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2023 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 672,60 EUR nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:
Die Klägerin macht Rückzahlungsansprüche gegen die Beklagte aus einem abgerechneten Gasversorgungsvertrag geltend.
Zwischen den Parteien bestand bis zum 30.06.2023 ein Gasversorgungsvertrag. Mit Schreiben vom 27.01.2022 teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf einen Gaspreisanstieg an den Energiebörsen u.a. Folgendes mit:

Ihr Arbeitspreis verändert sich zum 01.04.2022 auf 8,19 Cent je Kilowattstunde (netto). Ihr monatlicher Grundpreis verändert sich nicht.
[…]
Kostenlose Preisfixierung bis zum 30.06.2023: Wir fixieren Ihnen die oben angegebenen Preise kostenfrei, mindestens bis zum Ende ihres kommenden Belieferungsjahres. So können Sie die weitere Preisentwicklung am Energiemarkt ganz entspannt beobachten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage K1 vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 27.01.2022 Bezug genommen.
In einem Schreiben vom 29.07.2022 nahm die Beklagte auf Energiemarktentwicklungen und insoweit u.a. auf den Krieg in der Ukraine Bezug und führte aus:

Ihr Arbeitspreis verändert sich zum 01.09.2022 auf 20,52 Cent/kWh (netto). Ihr monatlicher Grundpreis verändert sich auf 16,89 EUR (netto).
Sie haben das Recht, Ihren Vertrag zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Anpassung in Textform zu kündigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage B1 vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 29.07.2022 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 15.12.2022 erklärte die Beklagten die Kündigung unter Berufung auf ein Sonderkündigungsrecht aufgrund der Preiserhöhung. Die Beklagte bestätigte den Eingang der Kündigung und teilte mit, dass die Belieferung zum 30.06.2023 ende.

In der Schlussrechnung rechnete die Beklagte für den Zeitraum ab dem 01.09.2022 einen Gasbezug von insgesamt 54.612,00 kWh mit einem Arbeitspreis von 20,52 Cent/kWh ab, woraus sich in der Rechnung ein Gesamtbetrag von 11.206,36 EUR netto ergibt.

Mit E-Mail vom 11.07.2023 widersprach die Klägerin der Schlussrechnung unter Berufung auf eine für den Zeitraum vom 01.04.2022 bis zum 30.06.2023 zugesagte Preisgarantie und forderte die Beklagte zur Zahlung von 7.205,01 EUR auf. Zugleich kündigte Sie an, einen Rechtsanwalt einzuschalten, sollte bis zum 18.07.2023 keine Stellungnahme erfolgen.

Nachdem keine Zahlung oder sonstige Stellungnahme der Beklagten erfolgt war, ließ die Klägerin die Beklagte durch anwaltliches Schreiben vom 18.09.2023 zur Zahlung bis zum 30.09.2023 auffordern.

Am 11.10.2023 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, den das Amtsgericht Uelzen am 24.10.2023 erlassen hat und der der Beklagten am 26.10.2023 zugestellt worden ist. Nach Widerspruch der Beklagten ist das Verfahren an das Landgericht Düsseldorf abgegeben worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen eines Anpassungsrechts nach § 313 BGB seien nicht gegeben. Die Preissteigerung sei für die Beklagte nicht überraschend gekommen, nachdem sie noch im Schreiben vom 27.01.2022 auf einen „noch nie dagewesenen Preisanstieg an den Energiepreisbörsen“ hingewiesen habe. Hinzukomme, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, nicht unzumutbar sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.205,01 EUR nebst Verzugszinsen von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2023 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 672,60 EUR nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, zur Preisanpassung berechtigt gewesen zu sein. Ein solches Recht ergebe sich nicht nur aus den streitgegenständlichen AGB der Beklagten, sondern jedenfalls bereits aus § 313 BGB aufgrund von außergewöhnlichen Umständen und einer dramatischen Erhöhung der Beschaffungskosten für Gas, die so bei Vertragsschluss im Jahr 2021 nicht vorhersehbar gewesen seien. Der Ukraine-Krieg stelle einen „Paradefall höherer Gewalt“ dar, der sie zur Preisanpassung berechtige.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin die 672,60 EUR an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.
Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil der beantragten Zinsen begründet.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von insgesamt 7.205,01 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.

a.
Bei der Berechnung des insoweit maßgeblichen Arbeitspreises war nach dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag auch für den Zeitraum ab dem 01.09.2022 lediglich ein Betrag in Höhe von 8,19 Cent/kWh (netto) zugrunde zu legen.

Der Festlegung dieses Arbeitspreises durch Schreiben der Beklagten vom 27.01.2022 (Anlage K1) ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

Durch die weitere Mitteilung der Beklagten im Schreiben vom 29.07.2022 (Anlage B1) ist der Arbeitspreis jedoch nicht erneut angepasst und somit zum 01.09.2022 nicht wirksam auf 20,52 Cent/kWh erhöht worden.

aa.
Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte angesichts der von ihr vorgebrachten Umstände auf Grundlage der von ihr in den Vertrag einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen oder nach § 313 BGB zur einseitigen Änderung berechtigt gewesen wäre, stellt sich die Preisanpassung bereits auf formellen Gründen als unwirksam dar.

Gemäß § 41 Abs. 5 S. 1 und S. 3 EnWG haben Energielieferanten bei einer einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen Letztverbraucher rechtzeitig sowie auf einfache und verständliche Weise über die beabsichtigte Ausübung des Rechts zu unterrichten. Insoweit hat die Unterrichtung unmittelbar sowie auf verständliche und einfache Weise unter Hinweis auf Anlass, Voraussetzungen und Umfang der Preisänderung zu erfolgen. Mit diesem Transparenzgebot für Energiepreisveränderungen hat der Gesetzgeber Artikel 10 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt und damit explizit auch Preisänderungen von den Informationspflichten erfasst (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/27453, S. 126).

Das Transparenzgebot beinhaltet die Berechtigung des Kunden, ein vollständiges und wahres Bild über die Preisänderungen zu erlangen. Danach hat die Mitteilung über eine Preiserhöhung als solche sofort für den Kunden erkennbar zu sein. Ist sie das nicht, ist die notwendige Transparenz allenfalls dann gegeben, wenn die Preiserhöhung hervorgehoben wird, wobei es auf die Darstellung im Einzelfall ankommt (BeckOK EnWG/Schnurre, 11. Ed. 01.06.2024, EnWG § 41 Rn. 23). Hinsichtlich des Inhalts der Preisänderungsankündigung ist zusätzlich erforderlich, dass in übersichtlicher Form die verschiedenen Kostenfaktoren eines Gesamtpreises aufgeschlüsselt werden und die Preisbestandteile vor und nach der Preisanpassung gegenübergestellt werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.09.2023, Az. VI-5 U 4/22, Rn. 56 – juris; BGH, Urteil vom 21.12.2022, Az. VIII ZR 199/20, Rn. 24 zu der gleichlautenden Regelung in § 43 Abs. 3 S. 2 EnWG a.F.).

Diesen Anforderungen an die Darstellung und den Inhalt einer Preiserhöhungsmitteilung wird das Schreiben der Beklagten vom 29.07.2022 nicht gerecht.
Es bestehen bereits Zweifel, ob das Mitteilungsschreiben seiner Gestaltung nach als Preiserhöhung sofort erkennbar ist oder die Preiserhöhung jedenfalls hinreichend hervorgehoben ist. Diese Zweifel ergeben sich für die Kammer daraus, dass in der Betreffzeile des Schreibens lediglich die enumerative Erwähnung u.a. einer „Preisanpassung“ erfolgt. Im weiteren Verlauf des Schreibens wird maßgebliche Absatz „Ihr Arbeitspreis verändert sich zum 01.09.2022 auf 20,52 Cent/kWh (netto). Ihr monatlicher Grundpreis verändert sich auf 16,89 EUR (netto)“ zwar vom übrigen Text durch Fettdruck absetzt. Die neuen, höheren Preise werden allerdings lediglich im laufenden Satz genannt und über den Fettdruck des gesamten Satzes hinaus nicht gesondert herausgestellt.

Letztlich fehlt es jedoch über die Gestaltung des Schreibens hinaus jedenfalls nach dem Inhalt der Mitteilung an der erforderlichen Transparenz. Es werden lediglich die neuen Preisparameter (Arbeitspreis/Grundpreis) genannt, ohne sie den bisherigen Beträgen gegenüberzustellen. Diese Beträge, d.h. der bisherige Arbeits- bzw. Grundpreis, finden im gesamten Schreiben keine Erwähnung, so dass der tatsächliche Umfang der Erhöhung nur unter Rückgriff auf die früheren Vertragsunterlagen nachvollziehbar ist.

Es ist schon nicht ersichtlich, dass es sich überhaupt um eine Erhöhung der Preise handelt, da die Erhöhung schon nicht als solche bezeichnet wird, sondern lediglich mitgeteilt wird, dass sich der jeweilige Preis „verändert“. So enthält die Überschrift („Energiemarktentwicklungen, Preisanpassung und AGB-Änderungen“) zwar den Hinweis u.a. auf eine „Preisanpassung“. Es fehlt jedoch an einem erforderlichen deutlichen Hinweis, dass es sich konkret um eine Erhöhung handelt. Auch wird der Begriff „Preisanpassung“ eingerahmt von den Begriffen „Energiemarktentwicklungen“ und „AGB-Änderungen“ und rückt damit in den Hintergrund. Auch in dem Einleitungstext wird zu den Entwicklungen auf dem Energiemarkt zwar mitgeteilt, dass die Beklagte „die meisten Erhöhungen im großen Maße selbst tragen“ konnte. In Bezug auf die Konsequenzen für den streitgegenständlichen Endkundenvertrag wird der Begriff der Preiserhöhung jedoch vermieden. Soweit sodann von der Beklagten ausgeführt wird, sie sei „unter den gegebenen Umständen berechtigt, die Anpassung bestehender Vertragsverhältnisse zu verlangen oder mit unmittelbarer Wirkung zu kündigen“, mag der Leser angesichts der beschriebenen Preissteigerungen am Beschaffungsmarkt – unabhängig von der Richtigkeit dieser Auffassung – mit für ihn ungünstigen Folgen rechnen. Welche konkreten Konsequenzen die Beklagte jedoch zieht, d.h. ob sie die Preise erhöht oder kündigt, ergibt sich aus diesem Absatz ebenfalls nicht. Es bleibt daher allein bei der Mitteilung „Ihr Arbeitspreis verändert sich zum 01.09.2022 auf 20,52 Cent/kWh (netto). Ihr monatlicher Grundpreis verändert sich auf 16,89 EUR (netto)“, die mangels Gegenüberstellung der bisherigen Preise – wie vorstehend ausgeführt – nicht den Transparenzanforderungen nach § 41 Abs. 5 S. 1 und 3 EnWG entspricht.

Auch aus dem weiteren Inhalt des Schreibens vom 29.07.2022 ergeben sich keine hinreichend transparenten Hinweise darauf, dass und in welchem Umfang eine Erhöhung der Preise erfolgt.

bb.
Der Anwendbarkeit von § 41 Abs. 5 EnWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Beklagte hinsichtlich eines ihrer Ansicht nach bestehenden Anpassungsrechts auch auf die gesetzliche Regelung nach § 313 BGB beruft. Zum einen stützt sich die Beklagte ausweislich ihrer Klageerwiderung selbst vorrangig auf ein vertragliches Preisanpassungsrecht, das sie aus den streitgegenständlichen AGB herleitet (vgl. Ziffer 1 und 2 der Klageerwiderung, Bl. 43 GA).

Zum anderen ist auch eine mit einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB begründete einseitige Anpassung des Verstages nicht wirksam erfolgt.

Der Vorschrift des § 313 BGB lässt sich bereits nicht entnehmen, dass ein einseitiges Recht einer Vertragspartei zur Änderung der Bedingungen besteht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2023, Az. I 20 U 318/22, Rn. 51 – juris; Grüneberg, in Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 313 Rn. 41; Finkenauer, in Münchener Kommentar, BGB, 9. Aufl. 2022, § 313 Rn. 124 ff.). Rechtsfolge von § 313 BGB wäre selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen stets nur ein zunächst ggf. gerichtlich durchzusetzender Anspruch auf Vertragsanpassung, so dass es der Beklagten auf dieser Rechtsgrundlage nicht möglich war, die Preise einseitig durch bloße Mitteilung an ihre Kunden wirksam anzupassen. Erforderlich wäre vielmehr die Zustimmung des einzelnen Kunden (Dietzel, IR 2022, 306, 309, OLG Düsseldorf, aaO.).

Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen von einem gesetzlichen Anpassungsrecht der Beklagten gem. § 313 BGB ausginge, wären auch bei dessen Ausübung die dargestellten Transparenzanforderungen § 41 Abs. 5 EnWG gleichermaßen zu beachten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 41 Abs. 5 EnWG lediglich klarstellenden Charakter hat. Eine Pflicht, die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und ihre Rücktrittsrechte zu informieren, bestand nicht nur bereits nach der Vorgängerregelung in § 41 Abs. 3 EnWG a.F., sondern auch schon vor deren Einführung mit der EnWG-Novelle 2011 (vgl. Gesetzesbegründung zur Vorgängerregelung in § 41 Abs. 3 EnWG a.F., BT-Drucks. 17/6072, S. 85). Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs dieser Transparenzvorgaben hinsichtlich einer Anpassung aufgrund vertraglich vorgesehener Vorbehalte war weder vor Einführung von § 41 Abs. 3 EnWG a.F. noch in § 41 Abs. 3 EnWG a.F. selbst vorgesehen.

Soweit mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht im Jahr 2021 (BGBl. I 2021, S. 3026) erstmalig die Einschränkung „Energielieferanten, die sich im Vertrag das Recht vorbehalten haben, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern“ in den Wortlaut aufgenommen worden ist, ist damit nach Auffassung der Kammer keine Änderung des Anwendungsbereiches verbunden. Vielmehr wurde die bestehende Norm – in Umsetzung von Artikel 10 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 – lediglich um weitere Transparenz- und Informationsanforderungen ergänzt (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/27453, S. 126). Dass mit diesem Zusatz keine Beschränkung auf vertragliche Anpassungsrechte verbunden ist, ergibt sich ferner auch aus Artikel 10 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944. Darin wird allgemein auf eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen abgestellt, ohne dass sich hieraus folgt, dass sich auch die Änderungsmöglichkeit aus den Vertragsbedingungen selbst ergeben muss. Ein Ausschluss für etwaig bestehende gesetzliche Anpassungsmöglichkeiten ist damit auch den Richtlinienvorgaben nicht zu entnehmen.

cc.
Die Transparenzvorgaben nach § 41 Abs. 5 EnWG gelten auch für das streitgegenständliche Versorgungsverhältnis. Obwohl die Klägerin nicht Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist, ist sie doch Letztverbraucher im Sinne der für § 41 Abs. 5 EnWG maßgeblichen Begriffsbestimmung in § 3 Ziffer 25 EnWG.

b.
Ausgehend von einem Arbeitspreis von 8,19 Cent/kWh (netto) ergibt sich für einen Gasverbrauch von 54612 kWh im Zeitraum vom 01.09.2022 bis zum 17.03.2023, den die Beklagte zu Unrecht mit 20,52 Cent/kWh (netto) abgerechnet hat (11.206,38 EUR), ein Betrag in Höhe von lediglich 4.472,72 EUR (netto) und damit eine Differenz von 6.733,66 EUR (netto). Unter Berücksichtigung eines Umsatzsteuersatzes von 7% ergibt sich hieraus ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 7.205,01 EUR (brutto).

2.
Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte in Höhe von 672,60 EUR aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.

Die Beklagte befand sich mit Ablauf der in der E-Mail der Klägerin vom 11.07.2023 gesetzten Frist (18.07.2023) in Verzug. Auch soweit die Beklagte in der Klageerwiderung mit Nichtwissen bestritten hat, dass die Klägerin einen Betrag von 672,60 EUR an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt hat, ist der Anspruch der Klägerin auch ohne Vorlage eines Zahlungsbeleges o.ä. nicht lediglich auf eine Freistellung beschränkt. Der Freistellungsanspruch nach § 257 BGB, der zunächst gegen die Beklagte bestand, hat sich gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Die Beklagte hat die Erfüllung dieses Anspruchs spätestens durch ihr Verhalten im Prozess im Sinne von § 281 Abs. 2 BGB ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, Urteil vom 09.07.2015, Az. I ZR 224/13, Rn. 34 m.w.N.).

3.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 2 BGB. Ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz besteht insoweit jedoch nicht. Bei dem streitgegenständlichen Rückzahlungsanspruch handelt es sich nicht um eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Nebenforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Der Streitwert wird auf 7.205,01 EUR festgesetzt.

[Anm: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig]

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Björn Steveker

Björn Steveker

Fachanwalt für Arbeitsrecht