Neues zur Arbeitszeiterfassung: Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen müssen
In Deutschland stehen wichtige Änderungen im Bereich der Arbeitszeiterfassung bevor, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer betreffen. Dieser Artikel beleuchtet die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 und den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022
Das Bundesarbeitsgericht hat am 13. September 2022 in einer Entscheidung (Az.: 1 ABR 22/21) klargestellt, dass Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems verpflichtet sind. Diese Entscheidung folgt einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 und betont die Notwendigkeit einer genauen Dokumentation der Arbeitszeit der Arbeitnehmer.
Der Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Arbeitszeiterfassung
Das BMAS reagierte auf diese Rechtsprechung mit einem Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes im April 2023.
Dieser Entwurf zielt darauf ab, die Praktiken der Arbeitszeiterfassung zu kodifizieren und zu präzisieren. Der Vorschlag umfasst sowohl das Arbeitszeitgesetz als auch das Jugendarbeitsschutzgesetz. Eine Schlüsselfrage ist, ob digitale Zeiterfassungssysteme erforderlich sind oder ob manuelle, handschriftliche Methoden ausreichen. Der Entwurf deutet darauf hin, dass eine gewisse Flexibilität in der Methode der Zeiterfassung bestehen könnte, solange die Genauigkeit und Zuverlässigkeit gewährleistet sind.
Arbeitszeiterfassung durch Arbeitnehmer?
Der Entwurf behandelt auch die Frage, ob die Delegation der Arbeitszeiterfassung zulässig ist. Bestimmte Aspekte können danach an Arbeitnehmer übertragen werden, die endgültige Verantwortung und Kontrolle liegen jedoch beim Arbeitgeber. Dies unterstreicht die Bedeutung der korrekten Implementierung und Überwachung des Systems durch den Arbeitgeber.
Aktueller Stand und Zeitplan
Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf am 26. Mai 2023 diskutiert und zur weiteren Beratung überwiesen. Die Ampel-Koalition plante ursprünglich, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen flexible Lösungen zur Arbeitszeiterfassung. Bundesarbeitsminister Heil hat sich gegen die Wiedereinführung der „Stechuhr“ und für flexible Lösungen ausgesprochen. Die FDP fordert, dass die Ruhezeiten für Beschäftigte flexibler gestaltet werden, was zu einer Verzögerung des Gesetzes geführt hat.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist, dass der Gesetzentwurf vorsieht, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften die Details der Zeiterfassung vereinbaren dürfen. Für Unternehmen ohne Tarifvertrag soll eine tägliche elektronische Zeiterfassung vorgeschrieben werden. Dieser Punkt stößt bei der CDU und CSU auf Widerstand, die fordern, dass auch für diese Unternehmen flexible Lösungen möglich sein müssen.
Zusätzlich wird diskutiert, ob das Modell der Vertrauensarbeitszeit beibehalten werden soll, was bedeutet, dass Unternehmen nicht kontrollieren müssen, wie viele Stunden ihre Beschäftigten tatsächlich arbeiten.
Derzeit gibt es noch keinen festen Zeitplan für die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes.
Fazit
Die bevorstehenden Änderungen der Rechtslage zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland sind ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die Entwicklung verfolgen und sich auf die kommenden Veränderungen vorbereiten. Wichtig ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schon heute eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Für detailliertere Informationen und rechtliche Beratung empfehlen wir Ihnen, sich direkt an unsere Kanzlei zu wenden. Wir beraten Sie gerne an unseren Standorten in Sulingen, Bremen, Osnabrück oder Online.