Arbeitgeber darf ohne Vereinbarung nicht einseitig Kurzarbeit anordnen
Viele Arbeitgeber mussten sich leider während der Corona-Pandemie mit den Voraussetzungen, unter denen Kurzarbeit angeordnet werden kann, auseinandersetzen. Nicht wenige dachten anfangs, dass in einer globalen Krisenzeit unproblematisch und einseitig Kurzarbeit eingeführt werden kann. Zwingend erforderlich ist jedoch eine Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die individuell mit dem Arbeitnehmer oder kollektiv z. B. mit der Arbeitnehmervertretung abgeschlossen werden muss. Ausreichend ist, dass eine entsprechende Regelung bereits in der Vergangenheit, z. B. im Arbeitsvertrag, getroffen wurde.
Ohne Vereinbarung braucht ein Arbeitnehmer eine Reduzierung seiner Vergütung auf das Kurzarbeitgeld nicht akzeptieren. Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil v. 11.11.2020, 4 Ca 1240/20) hat im Falle eines Busfahrers bestätigt, dass der Arbeitnehmer ohne Vereinbarung über Kurzarbeit den Anspruch auf „vollen“ Lohn hat. In den Entscheidungsgründen heiße es auszugsweise wie folgt:
(…) Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611 a Abs. 2 BGB, § 615 BGB. Die Beklagte befand sich mit einem Teil des Lohns im Annahmeverzug. Kurzarbeit ist im Betrieb der Beklagten für den Kläger nicht wirksam vereinbart worden.
b.
Der Arbeitgeber darf einseitig Kurzarbeit nur anordnen, wenn dies individualvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Bei einer Anordnung ohne rechtliche Grundlage besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld und Arbeitnehmer behalten ihren vollen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers (vgl. Geulen/Vogt, ArbRAktuell 2020, 181; Petrak, NZA-Beil 2010, 44). Besteht ein Betriebsrat, hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der Kurzarbeit.
a.
Die Anordnung der Kurzarbeit war weder individualvertraglich, noch durch Betriebsvereinbarung noch tarifvertraglich zulässig. Die Beklagte hat mit dem Kläger keine wirksame Individualvereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen. Einen Betriebsrat gibt es bei der Beklagten nicht und damit auch keine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit; ebenso wenig gibt es eine entsprechende tarifvertragliche Vorschrift. Bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ist gerade keine Vereinbarung mit dem Kläger über Kurzarbeit geschlossen worden, ihm wurde lediglich im Abmahnungsschreiben vom 16.03.2020 angekündigt, dass voraussichtlich im März Kurzarbeit zu leisten sei. Diese einseitige Mitteilung über eine „voraussichtliche Kurzarbeit“ an einigen Tagen im März stellt keine Vereinbarung über Kurzarbeit für die Monate März bis Juni 2020 dar. Unstreitig hat der Kläger seine Arbeitsleistung angeboten und sich zur Arbeit bereitgehalten. (…)
Außerdem ist neben der Vereinbarung über Kurzarbeit zu beachten, dass die Agentur für Arbeit nur dann Kurzarbeitgeld zahlt, wenn gemäß § 95 SGB III in einem Betrieb, in dem mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist, ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, der nur vorübergehend und nicht vermeidbar ist, eine gewisse Quote erfüllt ist, die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und der Arbeitsausfall unverzüglich angezeigt wird.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zur Einführung von Kurzarbeit haben. Wir beraten Sie gerne zu sämtlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen an unseren Standorten in Osnabrück, Bremen oder Sulingen.