Frank Witte

Frank Witte

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Spezialist für Bußgeldsachen

Messung mit Messgerät Leivtec XV 3: Bußgeldbescheide sind unwirksam!

Das bei Städten und Gemeinden beliebte Infrarot-Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3 steht seit einiger Zeit in der Kritik: Bereits im vergangenen Jahr wurde bei Testmessungen festgestellt, dass es unter bestimmten Umständen zu unzulässigen Messabweichungen zu Lasten des Betroffenen kommt. Mehrere Sachverständige konnten nachweisen, dass das Gerät in bestimmten Situationen deutlich zu hohe Geschwindigkeit errechnet; so wurde z. B. bei einer Versuchsanordnung mit zwei nebeneinander aufgebauten Geräten bei der Messung desselben Fahrzeugs zur selben Zeit von einem Gerät 125 km/h und von dem anderen 141 km/h angezeigt. Der Hersteller und die Zulassungsbehörde (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) haben daraufhin Ende letzten Jahres reagiert und die Auswerterichtlinien verschärft. Danach muss nunmehr bei einer Messung mit LEIVTEC XV 3 ein zweites Foto (Messung-Start-Bild) vorhanden sein, das bestimmte Teile des Kennzeichens der Fahrzeuge zeigt. Bei Messungen von einer Brücke herunter muss das komplette Kennzeichen zu sehen sein.

Messungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, waren nach der neuen Gebrauchsanweisung ausdrücklich nicht mehr verwertbar. Am 21.12 2020 wurden sämtliche Kunden des Herstellers darauf hingewiesen. Danach sollten nach Einschätzung der PTB keine weiteren Messungenauigkeiten mehr produziert werden.

Messfehler trotz neuer Richtlinien aufgetreten
Jetzt zeichnet sich ab, dass diese Einschätzung der PTB nicht zutrifft: Bei weiteren Versuchen von Sachverständigen kam es nämlich wiederum zu Fehlmessungen, bei denen zu hohe Messergebnisse angezeigt wurden.

Der Hersteller hat zwischenzeitlich reagiert und mit Datum vom 12.03.2021 die Verwender des Messgerätes LEIVTEC XV 3 angewiesen, keine Messungen mit dem Gerät mehr durchzuführen, bis die technischen Fragen geklärt sind.

Was tun in laufenden Verfahren?
Bislang wurde das Messgerät Leivtec XV3 von Behörden und Gerichten als ein sogenanntes „standardisiertes Messverfahren“ anerkannt. Grundvoraussetzung dafür ist, dass „unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind“. Dies ist bei Leivtec XV3 aber jedenfalls derzeit nicht (mehr) der Fall, so dass bisherige Messungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu Lasten der Betroffenen nicht mehr verwertbar sein dürften. Stattdessen müssen diese Verfahren entweder eingestellt werden oder ein Sachverständiger muss in jedem Einzelfall prüfen, ob die jeweilige Messung in Ordnung war. Dies wiederum wird dadurch erschwert, dass Leivtec XV3 nicht alle erforderlichen Daten speichert, mit denen eine Messung im Nachhinein rekonstruiert werden könnte.

Einspruch gegen Bußgeldbescheid einlegen!
Die Chancen, Bußgeld, Punkte im Fahreignungsregister und Fahrverbot zu vermeiden, sind auf Grund der neuen Erkenntnisse deutlich gestiegen. Betroffene sollten deshalb einen Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragen; dieser kann Akteneinsicht beantragen, Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen und auf eine Einstellung des Verfahrens hinwirken. Uns ist es an unseren Standorten in Sulingen, Bremen und Osnabrück auch bereits mehrfach gelungen, dass die Bußgeldverfahren eingestellt wurden.

Kim Mirow

Kim Mirow

Rechtsanwältin