Schließt Kurzarbeit den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen aus?

Die Einführung von Kurzarbeit in einem Betrieb steht unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber von einem nur vorübergehenden Arbeitsausfall ausgeht. Betriebsbedingte Kündigungen erfordern dahingegen einen längerfristigen oder dauerhaften Wegfall des Arbeitsbedarfs. Man könnte also tatsächlich meinen, dass sich Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen ausschließen. Früher wurde diese Auffassung auch in der Rechtsprechung vertreten. Seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.06.1997 (Az. 2 AZR 494/96, Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urt. v. 24. 6. 1996 – 5 Sa 1767/95) steht jedoch fest, dass auch nach der Einführung von Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden können. Voraussetzung ist jedoch, dass trotz der Einführung von Kurzarbeit die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer auf Dauer entfallen ist.

In neueren Gerichtsentscheidungen wurden die Kriterien, nach denen auch nach der Einführung von Kurzarbeit der Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen zulässig sein soll, weiter konkretisiert. Danach gilt Folgendes:

Es spricht zwar grundsätzlich gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf, wenn im Betrieb Kurzarbeit geleistet wird. Gleichwohl können betriebsbedingte Kündigungen zulässig sein, wenn der Beschäftigungsbedarf für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund weiterer, später eingetretener Umstände dauerhaft entfällt. Dann kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung vorliegen. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber die Möglichkeiten zur Reduzierung der geschuldeten Arbeitszeit, die ihm die Regelungen zur Kurzarbeit bieten, in vollem Umfang ausgeschöpft hat (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02. 2012 − 2 AZR 548/10).

Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen schließen sich also gegenseitig nicht aus. Ein Arbeitgeber, der trotz der Einführung von Kurzarbeit Kündigungen aussprechen möchte, wird im Kündigungsschutzprozess die soziale Rechtfertigung ausführlich begründen und das Vorliegen der Voraussetzungen umfassend darlegen und beweisen müssen.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer Fragen zur Einführung von Kurzarbeit, betriebsbedingten Kündigungen oder allgemein zum Arbeitsrecht in Krisenzeiten haben.

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Björn Steveker

Björn Steveker

Fachanwalt für Arbeitsrecht