LG Hannover, Urteil v. 07.10.2019, 13 S 7/19

Volltext als pdf-Datei: LG Hannover v. 07.10.2019 – 13 S 7/19

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.05.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover (543 C 689/19) wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
  5. Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 3.000,– € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin und Berufungsklägerin begehrt vom Beklagten und Berufungsbeklagten Schadensersatz wegen einer streitigen Urheberrechtsverletzung im November 2014 betreffend das PC-Spiel „XXXsimulator 2015“.
Der „lsimulator 2015“ kostete im November 2014 durchschnittlich 18,95 €. Das Spiel war am 30. Oktober 2014 erstmals veröffentlicht worden, ungeheuer populär und erlangte Kultstatus.
Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses unter der Anschrift „^^^^^^^^^^^H ^^^^^^|. Unter derselben Anschrift wohnten im November 2014 seine Ehefrau, die Zeugin ^^^^^^^H, und sein zum damaligen Zeitpunkt 13jähriger Sohn, der Zeuge ^^^^^^H.
Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2015 abmahnen, auffordern, eine Unterlassungserklärung abzugeben sowie Schadensersatz zu leisten und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, worauf der Beklagte nicht reagierte.
Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem PC¬Spiel „L^^^^^^Hsimulator 2015“. Der Beklagte habe von seinem Internetanschluss am 23. November 2014 [einem Sonntag] um 15.57 Uhr und um 16.22 Uhr dieses PC-Spiel oder Teile davon zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Die Tat wie auch der Anschluss und dessen Zuordnung zum Beklagten seien ordnungsgemäß ermittelt worden. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass jemand anderes die Tat begangen hat. Sie bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass neben dem Beklagten dessen Familienangehörige Zugriff auf den Internetanschluss gehabt haben. Die Zeugin komme mangels Kenntnissen und Fähigkeiten als Täterin nicht in Frage.
Zur Höhe des Schadensersatzanspruches stützt die Klägerin sich auf die sog. Lizenzanalogie, wobei man ihrer Ansicht nach hier auf eine Schätzung zurückgreifen müsse. Unter Ansatz der „Faktor“-Rechtsprechung sei hier ein Faktor von ca. 140 angemessen. Die Urheberrechts-verletzung sei in die Phase der relevantesten wirtschaftlichen Verwertung des Werkes gefallen. Auf dieser Grundlage gelangt die Klägerin zu einer (Mindest-) Schadensersatz-forderung von 2.638,68 €. Zudem begehrt sie für die Abmahnung Rechtsanwaltskosten in Höhe von 347,60 € netto – nämlich eine 1,3fache Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von insgesamt 3.638,68 € [1.000 € (Unterlassung) + 2.638,68 € (Schadensersatz)] zzgl. Auslagenpauschale.
Wenn der Beklagte ihr nicht als Täter hafte, dann jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Unstreitig mahnte die Klägerin den Beklagten im Jahr 2012 wegen einer Urheberrechtsverletzung an dem russischen Filmwerk „Der weiße Tiger“ ab. Nach Ansicht der Klägerin habe der Beklagte daher seitdem Anlass gehabt, rechtswidrige Nutzungen durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden.
Im Übrigen kommt ihrer Meinung nach auch eine Haftung aus § 832 Abs. 1 BGB in Betracht. Eine Belehrung des Zeugen bestreitet sie insoweit mit Nichtwissen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, sie von Anwaltskosten in Höhe von 347,60 € freizustellen, sowie den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz in einer nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmenden Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 2.638,68 € zuzüglichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 17.1.2015 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Zum betreffenden Zeitpunkt hätten neben ihm auch seine Ehefrau und sein Sohn selbständigen Zugang zum Internetanschluss gehabt. Beide hätten ihm gegenüber jedoch bestritten, diese Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Er könne dies jedoch nicht ausschließen. Denn nach seiner Einschätzung seien beide nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten grundsätzlich dazu in der Lage. Er (der Beklagte) habe damals einen eigenen PC gehabt und diesen auch beruflich genutzt. Auch seine Ehefrau habe diesen PC genutzt. Sein Sohn habe zum damaligen Zeitpunkt ein eigenes Empfangsgerät – einen PC – besessen. Diesen habe sein Sohn allerdings seltener benutzt, er habe mehr auf seiner X-Box gespielt. Am PC habe er vielleicht Kinderspiele gespielt. Seinem Sohn seien Tauschbörsenprogramme bekannt und er wisse auch, wie er so etwas installieren würde. Er vermute, dass sein Sohn diese Kenntnisse aus der Schule erlangt habe.
Er habe mit seinem Sohn darüber gesprochen, dass er nichts Illegales herunterladen dürfe. Er habe ihn auch darauf hingewiesen, dass er nichts ohne Erlaubnis des Beklagten herunterladen dürfe. Erstmals habe er seinen Sohn im Jahr 2012 belehrt, nachdem er die Abmahnung wegen irgendeines Filmes bekommen habe. Er habe immer wieder nachgeschaut, was sein Sohn so mache.
Nach Erhalt der Abmahnung habe er sich den PC seines Sohnes angesehen. Er habe nichts gefunden bezüglich des PC-Spiels „L^^^^^^Hsimulator“. Bei seinen Nachforschungen habe er keine Hinweise darauf gefunden, dass auf den Empfangsgeräten seiner Familienangehörigen Tauschbörsenprogramme oder das PC-Spiel vorhanden gewesen seien.
Vorsorglich hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Amtsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Etwaige Forderungen seien zwar nicht verjährt. Die Klägerin habe jedoch nicht beweisen können, dass der Beklagte diese (behauptete) Urheberrechtsverletzung begangen habe. Die Klägerin könne sich nicht auf eine tatsächliche Vermutung dafür berufen. Zwar bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das illegale Angebot zum Hochladen einer geschützten Datei verantwortlich sei. Dies gelte jedoch nur dann, wenn keine anderen Personen diesen Anschluss selbständig nutzen konnten. In diesem Fall sei der Anschlussinhaber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast verpflichtet, nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen die streitgegenständliche Verletzungshandlung begangen haben könnten. Der Beklagte sei dieser sekundären Darlegungslast nachgekommen. Es hätte der Klägerin oblegen, zu beweisen, dass der Beklagte tatsächlich Täter der Urheberrechtsverletzung sei. Insoweit sei sie beweisfällig geblieben, da die beiden Zeugen von ihrem
Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin im Wesentlichen ihrer erstinstanzlichen Ziele weiter. Sie geht davon aus, dass der Beklagte die tatsächliche Vermutung nicht erschüttern konnte.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Hannover
1. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskoten in Höhe von 347,60 € freizustellen, sowie
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.638,68 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 17.1.2015 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das Urteil des Amtsgerichts. Höhere Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast als die des Amtsgerichts überspannten das, was ein Anschlussinhaber vortragen könne und müsse. Die Zeugin habe gerade nicht erklärt, dass sie nach ihren
Kenntnissen und Fähigkeiten nicht in der Lage sei, Tauschbörsenprogramme zu installieren, zu nutzen und Computerspiele im Internet zu tauschen. Sie habe lediglich bekundet, dass sie den Beklagten auf Nachfrage darüber informiert habe, es angeblich noch nie probiert zu haben. Tatsache sei, dass die Zeugin damals Zugriff auf den Internetanschluss gehabt und
diesen auch genutzt habe. Mit ihrem Alter – sie sei damals zwischen 30 und 40 Jahren alt gewesen – habe sie auch zum (potentiellen) Nutzerkreis dieses Computerspiels gezählt. Er halte sie zudem für eine intelligente Person und vertrete die Auffassung, dass sie in der Lage wäre, mit einigen Klicks Programme zu installieren und diese zu nutzen.
Der Zeuge habe sich in 2014 für unterschiedlichste Computerspiele interessiert. Er
habe damals auch Kinderspiele am PC gespielt sowie die Gelegenheit gehabt, die Tat zu begehen, und sei nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten auch dazu in der Lage gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge den Internetanschluss vor 2014 rechtswidrig
genutzt haben könnte, habe es nicht gegeben, denn die Ansprüche aus der Abmahnung aus 2012 habe die Klägerin nicht weiterverfolgt. Dennoch habe der Beklagte jedenfalls seit 2012 dem Zeugen grundsätzlich verboten, überhaupt etwas ohne Erlaubnis herunterzuladen
(gleich ob legal oder illegal).
Jedenfalls stehe aus Sicht des Beklagten nicht fest, wer die Tat begangen habe. Sowohl die Zeugin als auch der Zeuge hätten diese begehen können.
Die Kammer hat in der Sitzung am 16. September 2019 den Beklagten persönlich angehört und den Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll (Bl. 146 – 150 d. A.) verwiesen. Die Zeugin hat schriftlich das Zeugnis verweigert.

II.

Die zulässige Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg, weil die die Klage unbegründet ist:
1. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG besteht nicht:
a) Zwar ist der Beklagte nicht berechtigt gewesen, dieses Computerspiel Dritten zum Download anzubieten.
b) Es steht aber nicht fest, dass gerade er am 23. November 2014 zweimal dieses Computerspiel über seinen Internetanschluss anderen Nutzern zum Download angeboten hat. Denn eine tatsächliche Vermutung dieses Inhalts zu seinen Lasten hat der Beklagte erschüttert, weil er seiner sekundären Darlegungslast als Inhaber des Internetanschlusses ausreichend nachgekommen ist. Nach seinen Angaben hatten zu diesem Zeitpunkt zwei Personen – seine Ehefrau und sein Sohn – selbständigen Zugang zum Internetanschluss und nach ihrem Nutzerverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht die Gelegenheit, die fraglichen Verletzungshandlungen ohne Wissen und Zutun des Beklagten zu begehen.
Nicht nur nach den Angaben des Beklagten in seiner persönlichen Anhörung vor der Kammer, sondern auch nach den Bekundungen des Zeugen hatte jedenfalls dieser Zeuge zum damaligen Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss über einen eigenen Rechner und wusste, wie man einen solches Spiel über Tauschbörsen installieren konnte, auch wenn der Zeuge den „L^^^^^^Hsimulator 2015“ nicht heruntergeladen haben will. Daneben erscheinen der Kammer auch die Angaben des Beklagten dazu, dass die Zeugin eigenständigen Zugang zum Internet hatte, um über einen gemeinsam mit dem Beklagten genutzten PC zB den Internetversandhandel zu nutzen, plausibel. Dass beide Zeugen ohne Wissen und Zutun des Beklagten das Spiel „L^^^^^^flsimulator 2015“ über eine Tauschbörse hätten herunterladen und zum Hochladen hätten anbieten können, ergibt sich insbesondere aus den Angaben des Beklagten zu seinem Beruf als Kraftfahrer mit langen Zeiten der Ortsabwesenheit.
Es hätte daher der Klägerin oblegen, zu beweisen, dass weder die Zeugin noch der
Zeuge Zugang zum Internetanschluss hatten, damit nur noch der Beklagte als Täter
hätte in Frage kommen können. Diesen Beweis konnte die Klägerin mit der Aussage des Zeugen jedoch nicht führen, weil dieser im Gegenteil bekundet hat, damals
selbständigen Zugang zum Internetanschluss über seinen PC gehabt zu haben. Die Zeugin konnte das Gericht dazu nicht vernehmen, weil sie das Zeugnis verweigert hat.
c) Deshalb kann dahinstehen, ob die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Computerspiel ist.
2. Auch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet aus:
a) Zwar war der Beklagte kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über seinen damals 13jährigen und damit minderjährigen Sohn verpflichtet (§§ 1626 Abs. 1 S. 1, S. 2, 1631 Abs. 1 BGB).
b) Es steht aber bereits nicht fest, dass der Zeuge ^^^flden „L^^^^^^Hsimulator 2015“ zum Download bereitgestellt hat. Nach den Angaben des Beklagten kommen sowohl der Zeuge
als auch die Zeugin als Täter in Frage, wobei insbesondere nach der Aussage
des Zeugen gerade er als Täter ausscheiden könnte, nicht aber die Zeugin ^^^|.
c) Selbst wenn die Kammer entgegen den Bekundungen des Zeugen unterstellte, dass
er der T äter war, hätte der Beklagte jedenfalls seiner Aufsichtspflicht über den Zeugen genügt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haftung nach § 832 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist.
Zu der Frage, inwieweit Eltern verpflichtet sind, ihr minderjähriges Kind bei der Internetnutzung zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch das Kind und insbesondere eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindert, vertritt der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass Eltern, die ihrem minderjährigen Kind ihren Internetanschluss zur Verfügung stellen, ihrer Aufsichtspflicht grundsätzlich bereits dadurch genügen, dass sie das Kind über die mit der Internetnutzung verbundene Gefahr von Rechtsverletzungen belehren, wobei sich Inhalt und Umfang der Belehrung nach Alter und Einsichtsfähigkeit des jeweiligen Kindes richten. Dagegen sind Eltern grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind den Internetzugang teilweise zu versperren, die Nutzung des Internets durch das Kind ständig zu überwachen und den Computer des Kindes regelmäßig zu überprüfen. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern vielmehr erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 -, zitiert nach Juris).
Insbesondere hingen die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, hier wiederum insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hänge es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßnahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichten oder deren Beachtung auch überwacht werden müsse.
Im o. g. Fall genügten Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolge, regelmäßig dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrten und ihm eine Teilnahme daran verböten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, bestehe grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hätten, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandle, auch wenn nicht zu bestreiten sei, dass erfahrungsgemäß Kinder und Jugendliche aus pädagogischen Gründen auferlegte Verbote gelegentlich überträten.
Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte seinen Sohn ausreichend beaufsichtigt:
(1) Der Beklagte hat den Zeugen bereits 2012 und wiederholt danach darüber belehrt,
dass er im Internet nichts – erst recht keine Spiele über Tauschbörsen – herunterladen dürfe. Davon ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt:
Dass der Beklagte den Zeugen – im Unterschied zu den in anderen Fällen häufig
pauschal behaupteten inhaltsleeren Belehrungen – ausreichend konkret, anschaulich und verständlich belehrte, hat er in seiner persönlichen Anhörung nachvollziehbar geschildert. Insbesondere konnte er dabei den Anlass für die erste dieser Belehrungen wie auch das Anschauungsmaterial (wie YouTube-Videos) benennen. Der Zeuge hat diese Belehrungen in seiner Vernehmung im Kern bestätigt.
(2) Zu weiteren Maßnahmen dem Zeugen gegenüber war der Beklagte bereits nicht
verpflichtet, weil der Zeuge nicht als Täter der Urheberrechtsverletzung aus dem Jahr
2012 betreffend den Film „Der weiße Tiger“ feststeht.
Diese Urheberrechtsverletzung hat die Klägerin damals nach der Abmahnung nicht weiter verfolgt. Nach den Angaben des Beklagten kam der Zeuge ^^^B damals als Täter nicht in Betracht, weil er erst zehn Jahre alt war, den Computer nur im Beisein seiner Eltern nutzte und demnach in 2012 noch keinen selbständigen Internetzugang hatte. Daher hätte eine Belehrung mit Beginn der eigenständigen Nutzung des Internets ausgereicht. Tatsächlich erhielt der Zeuge diese Belehrung bereits im Jahr 2012.
3. Auch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung stehen der Klägerin gegen den Beklagten keine Ansprüche zu:
Zwar kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte (wie der Urheberrechte) auf Unterlassung (und damit ggf. auf Schadensersatz) in Anspruch genommen werden, wer – ohne T äter oder T eilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störer-Haftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (so bereits BGH, Urteil vom 12.5.2010 – I ZR 121/08 – , „Sommer unseres Lebens“, Rn. 23, zitiert nach Juris).
a) Für den Zeugen ergeben sich hier keine weitergehenden Pflichten des Beklagten
als im Rahmen des § 832 Abs. 1 BGB.
b) Soweit die Zeugin als Täterin in 2014 in Frage kommt, gilt hier gleichermaßen, dass
sie nicht als Täterin der in 2012 abgemahnten Urheberrechtsverletzung feststeht, weil die Klägerin diese Urheberrechtsverletzung nach ihrer Abmahnung nicht weiter verfolgt hat. Damit hatte der Beklagte aber keinen Anlass, vor 2014 das Verhalten seiner Ehefrau (regelmäßig) zu prüfen.
4. Dementsprechend kommt auch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Freistellung von ihren Abmahnkosten nicht in Betracht, insbesondere nicht aus § 97a Abs. 3 UrhG; auch Zinsansprüche – als Nebenforderungen – scheiden damit aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

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Björn Steveker

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Rechtsanwalt